Vorhalten von Betten führt Kliniken in Liquiditätsengpässe: Kliniken fordern Rettungsschirm
Archivmeldung vom 22.10.2020
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Freigeschaltet durch André OttAngesichts der Corona-Pandemie haben Landespolitik, die Hessische Krankenhausgesellschaft (HKG) und die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) bislang gut zusammengearbeitet. Darin zeigen sich Kai Klose (Grüne), Hessens Staatsminister für Soziales und Integration, HKG-Präsident Dr. Christian Höftberger und Frank Dastych, Vorstand der KV des Landes, einig.
Die drei Spitzenvertreter waren zu Gast bei Moderatorin Birgit Lechtermann im Talk "Zukunft Krankenhaus - Hier in Hessen". Nachdem die Kliniken monatelang Kapazitäten für die Versorgung eventueller Corona-Patienten freigehalten haben, laufen sie derzeit im Normalbetrieb.
Für den Fall, dass erneut Betten freizuhalten seien, fordert Höftberger, dieses Vorhalten zu vergüten, wie es im zweiten und dritten Quartal der Fall war, und nicht nur Fallpauschalen abzurechnen: "Wir sind an einem Punkt, deutlich aussprechen zu müssen, dass ein Krankenhaus-Finanzierungssystem, das mit Fallpauschalen arbeitet, ... eine Schwierigkeit hat, wenn wir erneut in eine Situation kommen würden, dass wir Betten vorhalten müssen, weil frei gehaltene Betten eben von keinen Fallpauschalen mit umfasst sind." Eine Kompensation sei erforderlich, "weil ein Krankenhaus nur so funktioniert, dass ich Ressourcen vorhalte, und zwar nicht nur die klinische Infrastruktur, wie das Gebäude, die Technik, die Beatmungsmedizin, sondern insbesondere Pflegekräfte, Ärzte, die zur Verfügung stehen - rund um die Uhr." Das Fehlen der Kompensation führe zu echten Liquiditätsengpässen. Als weiteren potentiellen Engpass in Zeiten der Pandemie nennt HKG-Präsident Höftberger bürokratische Vorgaben, etwa hinsichtlich des Betreuungsschlüssels und der Dokumentationsnotwendigkeiten, die in einer anderen Situation angemessen wären, aber eben jetzt nicht.
Gemeinsame Kampagne: Patientensicherheit gewährleistet
Einstimmig appellieren die Experten an die Bevölkerung, ohne Angst vor Ansteckung Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und bei akuten Beschwerden medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. "Wir haben in Hessen keinen Hinweis darauf, dass stationäre Einrichtungen oder Arztpraxen in einer relevanten Größenordnung zum Infektionsgeschehen beitragen. Praxen sind keine Hotspots. Wir sind gemeinsam die Profis für Infektionskrankheiten", so Frank Dastych. Im Juni starteten KV und HKG anlässlich der Rückkehr zum Normalbetrieb in Praxen und Krankenhäusern die Kampagne "Sicher für Sie da". Minister Klose erklärt, warum er diese als Schirmherr unterstützt: "Für uns war das Thema wichtig, weil wir beobachtet haben, dass Menschen den Gang zum Arzt auch dann gescheut haben, wenn sie ernsthafte Beschwerden hatten und daraus natürlich in der Folge möglicherweise noch viel größere Probleme entstehen."
Sicherung der Reha-Zentren im Interesse des ambulanten Sektors
Mit Blick auf die etwa 90 Reha-Häuser sagt der HKG-Präsident: "Wir sehen genauso wie für die Akutkrankenhäuser die Notwendigkeit, ... auch wieder über einen speziellen Schutzschirm für die Reha-Kliniken sprechen." Dadurch, dass in den vergangenen Monaten viele Eingriffe verschoben wurden, gibt es im Bereich der Reha erhebliche Ausfälle. Sollten sich daraus langfristig strukturelle Probleme ergeben, könnte das wiederum die ambulante Versorgung überlasten, warnt auch der KV-Vorsitzende Dastych und weist auf die enge Verzahnung der verschiedenen Bereiche hin: "Wir brauchen die Rehakliniken. Wenn die Patienten aus der Akutversorgung direkt zu uns in die Praxen kämen, sehe ich ganz große Probleme, ... die ... erforderlichen Maßnahmen in ... Umfang und ... Intensität sicherzustellen. Die Sicherung der Reha-Kliniken ist absolut auch im Interesse des ambulanten Sektors."
Quelle: health tv (ots)