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Antisemitismusbeauftragter: Ärzte müssen mehr über Nazi-Zeit wissen

Archivmeldung vom 14.08.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.08.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
SS-Lagerarzt Josef Mengele (Bildausschnitt), aufgenommen an der Solahütte bei Auschwitz, 1944
SS-Lagerarzt Josef Mengele (Bildausschnitt), aufgenommen an der Solahütte bei Auschwitz, 1944

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, will die Approbationsordnung für Ärzte ändern, damit diese in ihrer Ausbildung mehr Wissen über den Missbrauch der Medizin während des Nationalsozialismus vermittelt bekommen.

"Es gibt eine Lücke in der medizinischen Ausbildung", sagte Klein dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Es gibt viel zu viele Mediziner, die unzureichende Kenntnisse haben über die Rolle der Medizin im Dritten Reich. Das betrifft gerade ethische Fragen." So fehle es zum Beispiel an Kenntnissen über die Versuche des KZ-Arztes Josef Mengele und anderer Mediziner, bei denen Gefangene unvorstellbar gequält und getötet wurden.

"Das waren glatte Verstöße gegen den hippokratischen Eid", sagt Klein. "Damals wurde das Leben totgespritzt. Es ist wichtig, Mediziner von heute stärker auf diese ethischen Fragen zu bringen. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass die Approbationsordnung für Ärzte geändert wird." Die ethischen Grundlagen des medizinischen Berufes müssten prüfungsrelevantes Fach werden, forderte der Antisemitismusbeauftragte. Und da es derzeit ohnehin auch von anderer Seite den Wunsch gebe, die Approbationsordnung zu überarbeiten, passe sein Anliegen da gut hinein. Klein ist über das Thema nach eigenen Angaben "in Gesprächen mit dem Bundesgesundheitsministerium". Ein Sprecher des Mini steriums bestätigte dies. Der Entwurf für die neue Approbationsordnung solle im Herbst vorliegen, sagte er.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte dem RND: "Ich unterstütze die Forderung ausdrücklich. Das Thema wurde bisher unterbelichtet. Ich halte eine Änderung der Approbationsordnung deshalb für angebracht." Er erinnerte an die Verdrängung der jüdischen Ärzteschaft nach 1933 und an die Tatsache, dass ein großer Teil der Ärzte in der NSDAP organisiert war. Tatsächlich war Forschungen zufolge knapp die Hälfte der deutschen Ärzteschaft Mitglied der NSDAP. Bei Lehrern oder Juristen betrug der Organisationsgrad maximal 25 Prozent. Lauterbach sagte weiter, dass das Thema in seinem Medizin-Studium keine Rolle gespielt habe; das müsse sich ändern. In der "Nürnberger Erklärung" des Deutschen Ärztetages von 2012 heißt es, man wisse "heute deutlich mehr über Ziele und Praxis der vielfach tödlich endenden unfreiwilligen Menschenversuche mit vielen tausend Opfern und die Tötung von über 200.000 psychisch kranken und behinderten Menschen, ebenso über die Zwangssterilisation von über 360.000 als `erbkrank` klassifizierten Menschen", als früher.

"Im Gegensatz zu noch immer weit verbreiteten Annahmen ging die Initiative gerade für diese gravierendsten Menschenrechtsverletzungen nicht von politischen Instanzen, sondern von den Ärzten selbst aus. Sie geschahen unter Mitbeteiligung führender Repräsentanten der verfassten Ärzteschaft sowie medizinischer Fachgesellschaften und ebenso unter maßgeblicher Beteiligung von herausragenden Vertretern der universitären Medizin sowie von renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen." Man erkenne "die wesentliche Mitverantwortung von Ärzten an den Unrechtstaten der NS-Medizin an", so die Erklärung, und betrachte das Geschehene als Mahnung für Gegenwart und Zukunft.

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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