Staatsrechtler sehen Kopftuch-Vorstoß der CDU kritisch
Archivmeldung vom 19.11.2019
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Freigeschaltet durch André OttMehrere Staatsrechtler haben sich gegen einen Vorstoß der CDU-Spitze gewandt, das Tragen von Kopftüchern in der Grundschule und der Kita notfalls zu verbieten. "Ein pauschales Verbot religiöser Bekleidung in öffentlichen Schulen wäre sicherlich verfassungswidrig. Und auch für eine Regelung nur für Grundschulen und Kitas sehe ich keinen Raum", sagte der Professor für Staatskirchenrecht an der Universität Göttingen, Hans Michael Heinig, dem "Handelsblatt".
Während bei einer vollständigen Gesichtsverhüllung eine "ordentliche Beschulung" infrage gestellt sei, könne man Gleiches für ein Kopftuch nicht sagen. "Der staatliche Bildungsauftrag wird nicht beeinträchtigt." Aus Sicht des Speyrer Staatsrechtlers Joachim Wieland würde ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kita und Grundschule gegen das "Elternrecht in Verbindung mit der Religionsfreiheit" verstoßen. "Der Staat darf nicht ohne überwiegende Gemeinwohlgründe in das Recht auf religiöse Kindererziehung eingreifen", sagte Wieland der Zeitung.
"Ob das Tragen eines Kopftuchs Nachteile für Kinder mit sich bringt, bewerten und entscheiden nach der Verfassung die Eltern und nicht der Staat." Die Antragskommission für den CDU-Parteitag in Leipzig am Freitag und Samstag hatte sich in einer Beschlussempfehlung gegen das Tragen des Kopftuchs schon für kleine Mädchen ausgesprochen. Zunächst solle dabei auf die Überzeugung der Eltern gesetzt werden, als "letztmögliche Maßnahme" werde ein Verbot nicht ausgeschlossen. Heinig sagte dazu: Grundrechte schützten Minderheiten bewusst davor, "zum bloßen Objekt staatlicher Symbol- und Identitätspolitik zu werden". Deshalb sei der Ansatz, die Eltern zu überzeugen, auf ein Kopftuch in Kitas und Grundschulen zu verzichten, richtig. "Im Mittelpunkt muss das Kindeswohl stehen. Das befördert man besser mit als gegen die Eltern."
Quelle: dts Nachrichtenagentur