Sahra Wagenknecht hält die Ost-West-Perspektive für überholt
Archivmeldung vom 10.09.2012
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hält die Ost-West-Perspektive für überholt. "Niedrige Löhne, Armutsrenten, auch Hartz IV sind im Ruhrgebiet ein genauso akutes Problem wie in Bitterfeld, Halle oder anderswo", sagte sie der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung".
"Das gleiche gilt für verarmte Kommunen, die Schwimmbäder und Theater schließen, während im Rahmen der sogenannten Eurorettung endlose Steuermilliarden für die Stützung von Zockerbanken verpulvert werden. Auch die Folgen dieser Enteignung der Steuerzahler zum Nutzen der Banker und Millionäre werden Ost- und Westdeutsche gleichermaßen tragen. Viele Ostdeutsche haben auch schon mal im Westen gearbeitet oder pendeln. Wer heute unter 40 ist, hat den Großteil seines Lebens in der Bundesrepublik verbracht. Ob jemand im Osten oder Westen geboren wurde, verliert immer mehr an Relevanz." Wagenknecht fügte hinzu, auch der Begriff "Erfahrungsvorsprung kann zu Missverständnissen führen. Jedes Bundesland könnte für sich spezifische Erfahrungsvorsprünge reklamieren. Der Osten hat einen vollständigen Gesellschaftsumbruch erlebt und war vielfach Experimentierfeld für Sozialabbau. In NRW und im Westen generell gibt es dagegen mehr Erfahrung mit großen gewerkschaftlich organisierten Arbeitskämpfen. Die Saarländer könnten sagen, sie hätten den Erfahrungsvorsprung der gelebten Nähe zu Frankreich und ein Gefühl für nicht mehr vorhandene Grenzen in Europa. Bayern könnte geltend machen, dass es sich von einem Agrarland in ein Hochindustrieland gewandelt hat. Es gibt viele spezielle Erfahrungen, die alle wichtig sind." Und schließlich sei es auch mit Blick auf die Bundestagwahl 2013 falsch, das Ostdeutsche zu sehr zu betonen, so die Politikerin. Denn "ein gutes Bundestagswahlergebnis kriegen wir nur, wenn wir auch ein gutes Ergebnis im Westen haben. Bei der letzten Wahl kam die Mehrheit unserer Wähler aus den alten Ländern. Wir dürfen auf keinen Fall im Westen Vertrauen verspielen, sondern müssen es im Gegenteil ausbauen." Zuletzt hatte der Ost-Flügel der Partei dazu aufgefordert, die ostdeutschen Erfahrungen und Erfolge der Partei besonders zu unterstreichen.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (ots)