Deutschland blockiert Whistleblower-Schutz
Archivmeldung vom 27.02.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bundesjustizministerium unter Katarina Barley (SPD) stellt sich gegen Forderungen des Europaparlaments nach mehr Sicherheit von Whistleblowern. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (DPA). Die Opposition sieht das Vorgehen der Ministerin kritisch.
Auf der deutschen Webseite des russischen online Magazins "Sputnik" ist weiter zu lesen: "Die jüngsten Skandale wie „Dieselgate“, „Luxleaks“, „Panama Papers“ sowie die Enthüllungen von Edward Snowden rund um den US-Spionageskandal haben gezeigt: Sogenannte Whistleblower, also Hinweisgeber, spielen eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung rechtswidriger Handlungen, die dem öffentlichen Interesse und der Gesellschaft schaden.
Die EU-Kommission legte deswegen im April 2018 einen Vorschlag zum besseren Schutz dieser Enthüller vor. Sie sieht ein dreistufiges Meldeverfahren vor, was einen internen Beschwerdeweg innerhalb des eigenen Unternehmens beinhaltet. Erst dann sollen sich Whistleblower an eine öffentliche Behörde wenden. Die Öffentlichkeit und die Presse mögen die Betroffenen erst anschließend informieren.
Das EU-Parlament möchte hingegen ein zweistufiges Meldesystem einführen, bei dem die Whistleblower selbst wählen können, wie und an wen sie Missstände melden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) unter der Führung von Katarina Barley (SPD) soll sich nun gegen eine solche Lockerung des bürokratischen Verfahrens ausgesprochen haben. Das Ministerium bestehe bei den derzeit in Brüssel laufenden Verhandlungen zwischen EU-Staaten und Parlament zusammen mit anderen Ländern darauf, dass die Hinweisgeber sich an ein dreistufiges Meldeverfahren halten müssen und erst im letzten Schritt an die Öffentlichkeit gehen dürfen, berichtet die DPA. Das gehe aus einem Papier des Auswärtigen Amts hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegen soll.
Für Deutschland, Frankreich und drei andere Staaten sei das dreistufige Verfahren dem Papier zufolge „eine sehr rote Linie“. Andere Länder sollen in den Verhandlungen dagegen Entgegenkommen zum Vorschlag des EU-Parlaments gezeigt haben.
Die Bundesregierung müsse die Blockadehaltung gegen einen Whistleblower-Schutz aufgeben, fordert für die Linksfraktion Niema Movassat, Obmann im Rechtsausschuss des Bundestages. Sie hält das bevorzugte dreistufige Meldesystem der Bundesregierung gegenüber den Whistleblowern als auch gegenüber der Bevölkerung für eine „unzumutbare Einschränkung“. Die Öffentlichkeit werde möglicherweise gar nicht oder erst sehr spät über Skandale aufgeklärt, bemängelt Movassat.
„Die Bundesregierung steht damit ein weiteres Mal auf der falschen Seite. Noch immer ist die Frage offen, wieso die Regierung beispielsweise infolge des aufgedeckten Cum-Ex-Betruges andere Staaten nicht gewarnt hatte, obwohl sie über die Machenschaften offensichtlich Bescheid wusste. Die Blockadehaltung gegen Whistleblower-Schutz hat angesichts dieses Vorgangs einen noch bittereren Beigeschmack und ist skandalös.“ Die Linke fordere die Bundesregierung sowie Justizministerin Barley auf, „ihre Blockadehaltung aufzugeben und Whistleblower unter umfassenden staatlichen Schutz zu stellen“, betont der Abgeordnete.
Auf Sputnik-Anfrage widerspricht das BMJV der Unterstellung, dass es den Schutz für Whistleblower blockiere: „Im Gegenteil setzt sich das Bundesjustizministerium intensiv für einen deutlich verstärkten Whistleblower-Schutz in der Europäischen Union ein. Der Richtlinienvorschlag würde erstmals einen breiten Whistleblower-Schutz in vielen Bereichen schaffen: vom öffentlichen Auftragswesen, über Lebensmittelsicherheit, IT-Sicherheit und Datenschutz bis zum Gesundheits- und Verbraucherschutz.“ Daher sei es von großer Bedeutung, diese Richtlinie noch vor der Europawahl zu beschließen, so das Ministerium.
Das BMJV ist das innerhalb der Bundesregierung federführende Ressort und vertritt im Rat die Position der Bundesregierung. Die Suche nach einem Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament scheiterte am Dienstagabend. Kommende Woche sollen die Unterhändler erneut verhandeln."
Quelle: Sputnik (Deutschland)