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Thüringer Verfassungsschützer schließt AfD-Beobachtung nicht aus

Archivmeldung vom 03.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Stephan Joachim Kramer, Chef des Inlandsgeheimdienstes Abteilung Thüringen
Stephan Joachim Kramer, Chef des Inlandsgeheimdienstes Abteilung Thüringen

Bild: Screenshot Youtube /OTT

Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, schließt für die Zukunft eine Beobachtung der AfD wegen rechtsextremer Tendenzen nicht aus. "Ob diese extremistischen Positionen einzelner Mitglieder beziehungsweise Entscheider und Führungspersönlichkeiten für die Gesamtpartei prägend werden, prüfen und bewerten wir im Verfassungsschutz fortlaufend", sagte Kramer dem "Handelsblatt". "Eine Tendenz in diese Richtung scheint meines Erachtens deutlicher zu werden, kann aber derzeit nicht abschließend bejaht werden."

Die Einschätzung berücksichtige dabei ebenso belastende wie entlastende Aspekte. Gleichwohl registriert seine Behörde "seit geraumer Zeit bundesweit und eben auch aktuell, dass einzelne Mitglieder der AfD, und dazu gehören auch Entscheider und Führungspersonal, zunehmend auf rechtsextremistischen und eskalierenden Sprachgebrauch zurückgreifen". Der Rassismus rechtsextremistischer Gruppierungen, darunter etwa der von der "Identitären Bewegung" propagierte "Ethnopluralismus", finde zunehmend einen "Resonanzboden auch in der AfD". Kramer beobachtet zudem, dass die AfD in der politischen Auseinandersetzung bewusst Assoziationen in Kauf nehme, "die auf den ersten Blick auch geschichtsrevisionistisch klingen oder sogar Bezüge zum Nationalsozialismus vermuten lassen". Das bestreite die Partei zwar stets als abwegig.

Kramer wertet dies indes als eine Strategie der AfD, "mit solchen Grenzüberschreitungen und Tabubrüchen eine aggressive Stimmung zu erzeugen beziehungsweise zu befeuern". Das sei "nicht zu übersehen" und verfehle auch seine Wirkung nicht. Mit Blick auf die aktuellen Vorfälle in Chemnitz warnte Kramer davor, "ganze Teile der Bevölkerung, Städte oder Landstriche pauschal zu stigmatisieren". Das "Sachsen-Bashing" von Politikern demokratischer Parteien und Prominenten sorge zwar für "Publicity und Klicks in sozialen Netzwerken".

Es helfe aber nicht dabei, "dringend gebotene Strategien" mit den Betroffenen vor Ort zu entwickeln, um zu deeskalieren und einen gesellschaftlichen Konsens für die Demokratie, eine offene Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zu erreichen. Die Ereignisse der vergangenen Tage führe "dramatisch" vor Augen, dass die Anwendung von Gewalt "zunehmend auch in der Mitte der Gesellschaft als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung gesehen" werde. "Das reicht von Toleranz bis zur tatsächlichen Anwendung von Gewalt, selbst im gutbürgerlichen Milieu." Kramer forderte eine "entschiedene" Reaktion der Politik – mit Bildung, Prävention, Intervention und Repression. "Bildung und Sicherheit sind Investitionen in den Kit der Gesellschaft."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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