Piraten fordern: kein staatliches Hacken
Archivmeldung vom 10.06.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.06.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDer Verfassungsschutz soll weitere Befugnisse erhalten. [1] Es geht, wie bei den Polizeigesetzen, um das Mitschneiden von Nachrichten auf Mobiltelefonen. Die Piratenpartei Baden-Württemberg kritisiert dies stark, die Integrität technischer Infrastruktur steht auf dem Spiel.
"Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, also letztlich das Hacken von Geräten um die laufende Kommunikation mitzulesen, ist ein eklatanter Eingriff in die Privatsphäre", so Borys Sobieski, Landesvorsitzender. "Das Umgehen von Sicherheitsmechanismen der Geräte ermöglicht letztlich den Zugriff auf den gesamten Speicher und nicht nur die Kommunikationsdaten.
Egal ob der Chatverlauf mit der Mutter oder den Kinderbildern auf dem Handy, der Zugriff ist auf alles möglich. Selbst wenn er, wie eigentlich auch nur erlaubt, auf die Kommunikationsdaten erfolgt, werden zig Kontakte, die auf diesem Gerät gespeichert sind, abgehört. Ein unverhältnismäßiger Eingriff."
Das Mitlesen erfolgt über eine Schadsoftware die auf das Gerät aufgespielt wird. Dies funktioniert meist ähnlich wie bei Viren und Trojanern aus dem Netz auch. "Um überhaupt an die Daten zu kommen, muss eine Sicherheitslücke ausgenutzt werden. Der Verfassungsschutz hat also dann ein besonderes Interesse daran unsichere Geräte im Umlauf zu belassen", erläutert Sobieski. "Das ganze Konzept vom melden von Sicherheitslücken dürfte sich damit infrage stellen, da der Verfassungsschutz auf Sicherheitslücken angewiesen ist, um die Software aufzuspielen."
Für die Polizeibehörden stehen zum Teil dieselben Befugnisse bereit. Die Piratenpartei veröffentlichte eine Übersichtskarte zu den 16 Landespolizeibehörden. [2] "Das Hacken von Geräten in die Hände von Polizeibehörden zu geben ist fahrlässig. Die Tragweite dieser Befugnisse ist immens, zum kompletten Auslesen von Geräten ist es nur ein winziger Schritt, der technisch keinen Unterschied darstellt. Es ist erschreckend, wenn der Verfassungsschutz auch noch diese Möglichkeit erhalten soll, hat er doch bewiesen, dass er weitgehend unkontrolliert arbeitet", so Sobieski. "Das ist eine Gefahr für die Sicherheit und Privatsphäre aller Bürger."
Die Piratenpartei fordert hingegen eine Aufstockung des Personals bei den Polizeibehörden und eine weitgehende Sensibilität für Internet-Kriminalität. "Jeder der eine Straftat im reellen Leben begehen will, muss an diesem auch Teil haben und das ist der Punkt wo man sich nicht mehr verstecken kann. Es wäre viel wichtiger, dass Beamte entsprechend geschult sind und sich mit Internet-Kriminalität auskennen. Mehr Personal bietet die Möglichkeit gezielter zu ermitteln und nicht die Bevölkerung einer Überwachungsinfrastruktur zu überlassen", erläutert Sobieski. "Ob der Verfassungsschutz überhaupt noch benötigt wird ist dringend zu evaluieren. Die fehlende Kontrolle und Transparenz ist nicht tragbar, erst recht nicht mit solch gravierenden Befugnissen."
Fußnoten
[2] https://polizeigesetze-stoppen.de/
Quelle: Piratenpartei Deutschland (ots)