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Digitalcourage kündigt Verfassungsbeschwerde gegen das neue Polizeigesetz NRW an

Archivmeldung vom 13.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Digitalcourage kündigt an, gegen die Verschärfung des Polizeigesetzes in NRW eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. „Es können nunmehr Menschen für eine Woche eingesperrt werden, denen nicht einmal eine Straftat vorgeworfen wird,“ erklärt Kerstin Demuth von Digitalcourage. „Das neue Polizeigesetz bringt die Unschuldsvermutung ins Wanken – und andere rechtsstaatliche Grundsätze ebenso.“

Digitalcourage warnt vor einem Paradigmenwechsel. Die Verlagerung der Eingriffsbefugnisse in das Vorfeld einer tatsächlichen Gefahr rückt die Arbeit näher an die eines Geheimdienstes. Digitalcourage kritisiert, dadurch werde das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten aufgeweicht. Auch die freie Meinungsäußerung sieht der Verein beeinträchtigt: Durch die unklare Eingriffsschwelle werden sich Menschen voraussichtlich vorsichtiger verhalten, um nicht mit der Polizei in Konflikt zu geraten. Sie könnten sich zum Beispiel abgeschreckt fühlen, an einer Demonstration teilzunehmen.

„Lex Hambi“ bereits angewendet

Eine umstrittene Regelung zur Identitätsfeststellung kam bereits zum Tragen: Drei Klima-Aktivist.innen waren 5 Tage in Gewahrsam. Der Vorwurf des Landfriedensbruchs wurde fallen gelassen, nachdem alle Inhaftierten ihre Fingerabdrücke abgegeben hatten. „Das Gesetz ist von vorne bis hinten unverhältnismäßig“ meint Kerstin Demuth von Digitalcourage. „Bisher wurde es nicht etwa gegen Terroristen, sondern gegen Umweltschützerinnen angewendet.“

Mehr Überwachung und Eingriffsbefugnisse

Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP hatten das umstrittene Gesetz am 12. Dezember gemeinsam mit der SPD verabschiedet. Seitdem kann die Landespolizei Staatstrojaner einsetzen, um verschlüsselte Messenger auszulesen, an eigens definierten „Gefahrenorten“ Menschen und Fahrzeuge kontrollieren, Kontaktverbote und Aufenthaltsvorgaben aussprechen. Elektronische Fußfesseln zur Standortüberwachung, der Einsatz von Tasern und längere Gewahrsamnahme ohne Tatvorwurf sind seit der Verschärfung ebenfalls erlaubt. Begründet wurde das Gesetz seitens der Regierung mit einer erhöhten Gefahr durch (islamistischen) Terrorismus. Als Definitionsgrundlage für Terrorismus dient im Gesetz ein weit gefasster Straftatenkatalog. NRW verzeichnete im vergangenen Jahr jedoch einen Rückgang an Straftaten, und es gab keine Anschläge mit islamistischem Hintergrund.

Weitere Informationen:

• Ankündigung: Digitalcourage plant Verfassungsbeschwerde gegen PolGNRW-neu: 
• Alle Änderungen im Überblick:   
• Meldung des Bündnisses „Polizeigesetz NRW stoppen“ zum ersten Anwendungsfall:
https://polizeigesetz-nrw-stoppen.de/2019/02/11/pressemitteilung/erste-anwendungsfaelle-des-lex-hambi-aus-neuem-nrw-polizeigesetz/

Digitalcourage:   

Digitalcourage setzt sich seit 1987 für Datenschutz und Bürgerrechte ein und richtet seit 2000 die jährliche Verleihung der BigBrotherAwards aus. 2008 erhielt Digitalcourage die Theodor-Heuss-Medaille für besonderen Einsatz für die Bürgerrechte.

Quelle: Digitalcourage e.V.

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