Rente mit 68? DGB warnt vor "Rentenkürzungsprogramm" und mahnt Wähler, genau hinzusehen
Archivmeldung vom 12.06.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer DGB erwartet trotz anderslautender Äußerungen führender Politiker weitere Debatten über ein höheres Rentenalter. DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ): "Die Rentendebatte ist damit überhaupt nicht erledigt. Sie wird munter weitergehen."
Hoffmann weiter: Da darf man auch auf das immer noch nicht vorliegende Wahlprogramm der Union gespannt sein, denn in der CDU gibt es starke Kräfte, die eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit herbeisehnen." Entsprechender Druck komme zudem auch von den Arbeitgebern.
Hoffmann reagierte damit auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium. Die Wissenschaftler hatten mit Blick auf die Rentenfinanzen unter anderem für eine Rente mit 68 plädiert. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hatte dazu gesagt, derzeit stehe die Rente mit 67. Es sei aber auch klar, "dass wir irgendwann möglicherweise mal nachdenken müssen, auch Lebensarbeitszeiten zu verändern".
Hoffmann forderte: "Alle Parteien - auch die Christdemokraten - müssen den Wählern klar sagen, was sie wollen, denn die Rentenfrage war immer eine zentrale soziale Frage." Mit Blick auf die Bundestagswahl fügte der DGB-Chef hinzu, man könne den Menschen nur empfehlen: "Schaut euch das Kleingedruckte genau an, wenn ihr eine sichere Perspektive fürs Alter haben wollt."
Der Gewerkschafter kritisierte, der Vorschlag der Wissenschaftler sei "nichts anderes als ein Rentenkürzungsprogramm". Er plädierte stattdessen für grundlegende strukturelle Verbesserungen. "Die Frage ist: Wie aktiviere ich das gesamte Erwerbspotenzial, das wir in Deutschland haben?" Vor allem für Frauen müsse es deutliche Verbesserungen geben.
Hoffmann forderte außerdem unter anderem, wieder mehr Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu holen. Auch müsse Deutschland als Einwanderungsland attraktiver werden. Arbeitsmarktexperten gingen davon aus, "dass wir jährlich einen Einwanderungsbedarf von mehr als 300.000 Arbeitskräften haben". Es gebe viele Möglichkeiten, die Erwerbsquote zu erhöhen und so die Finanzen der Sozialversicherungen zu stabilisieren.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)