CDU-Landesverbände wollen mit Mitte-Kurs gegen AfD punkten
Archivmeldung vom 03.05.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie CDU-Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, in deren Ländern im Herbst neue Landesparlamente gewählt werden, setzen in der Auseinandersetzung mit der rechtspopulistischen AfD auf einen Kurs der politischen Mitte.
"Als letzte große Volkspartei müssen wir uns auf unsere Stärken besinnen, die darin liegen, unterschiedliche gesellschaftliche Interessen zu vereinen und eine Basis zu geben, damit konservative und liberale, modernistische und traditionelle Kräfte verbunden werden können", sagte der Vize-Chef der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, Eckhardt Rehberg, dem "Handelsblatt". "Falsch wäre es, die AfD-Wähler zu verteufeln und die Probleme der AfD-Wähler nicht ernst zu nehmen."
Ähnlich äußerte sich der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner. Auch er sprach von der CDU als letzter Volkspartei, "die seit jeher aus ihren sozialen, liberalen und konservativen Wurzeln lebt". Daher sehe er auch aktuell wegen der AfD keinen Kurswechsel der Kanzlerin. "Wir werden die AfD-Wähler weder verteufeln noch für unsere Demokratie verloren geben, sondern müssen die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen und einer Lösung zuführen", sagte Wegner dem "Handelsblatt".
Der CDU-Politiker, der auch Großstadtbeauftragter der Unions-Bundestagsfraktion ist, verwies auf Erfolge der Politik Merkels. "Beim Flüchtlingszustrom sind wir auch dank der Bundeskanzlerin auf einem guten Weg", sagte Wegner. "Bei der Herkulesaufgabe Integration können wir punkten, indem wir unsere Werte und unsere Art des Zusammenlebens stärken." Gleichwohl erteile die CDU Multikulti auch weiterhin eine "klare Absage" Wegner hält es für entscheidend, die rechtspopulistische Partei noch besser inhaltlich zu stellen. "Dann wird klar, dass die AfD keine Alternative für konservative Wähler ist, sondern ein Auffangbecken für Reaktionäre und Populisten", sagte er. "Zeitgemäße Lösungen für die derzeitigen Herausforderungen werden nicht angeboten, stattdessen wird eine rückschrittliche, unzeitgemäße und monokausale Politik propagiert."
Parteienforscher: Wenig inhaltlicher Spielraum für CDU-Kurswechsel
Nach Einschätzung des Berliner Parteienforschers Oskar Niedermayer sind die Möglichkeiten für die CDU, Wähler von der AfD wieder an sich zu binden, sehr begrenzt. Gerade ihre Linie in der Flüchtlingspolitik könne Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "nicht völlig umwerfen, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren", sagte Niedermayer dem "Handelsblatt". Auch in vielen anderen Bereichen, in denen die CDU sich von konservativen Wertvorstellungen wegbewegt habe, wie zum Beispiel dem Familienbild, wäre ein Kursschwenk "unglaubwürdig und würde liberalere Wähler wieder vergraulen". Am ehesten, so Niedermayer, "erscheint der Bereich innere Sicherheit, der ja bisher eine Domäne der CDU war, geeignet, wieder stärker auf konservative Wähler zuzugehen." Niedermayer sieht auch deshalb noch die Möglichkeit, einen Teil der Wähler von der AfD zurückzuholen, "weil die Partei ja von vielen früheren CDU-Wählern nicht aus inhaltlicher Verbundenheit mit der gesamten Positionierung der AfD gewählt wurde, sondern um der CDU wegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik einen Denkzettel zu verpassen".
Wähler hole man aber nicht zurück, "indem man auf sie einprügelt und sie ausgrenzt", warnte der Politikwissenschaftler. Vielmehr müsse es darum gehen, dass man die AfD-Positionen "argumentativ auseinandernimmt und den Wählern verdeutlicht, dass die CDU in bestimmten Bereichen die besseren Antworten hat".
Quelle: dts Nachrichtenagentur