Die SPD hat die Mitte aus dem Visier verloren
Archivmeldung vom 06.03.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOhne Zweifel ist das die Woche der SPD gewesen. Zwei zentrale Projekte der Sozialdemokraten wurden vom Bundestag verabschiedet: Erst die Mietpreisbremse, dann gestern die Frauenquote. Da es im Kern um 30 Prozent der Aufsichtsratsposten in etwas mehr als hundert Unternehmen geht, hat die gestrige Entscheidung vor allem einen symbolischen Charakter. Ob die beiden Beschlüsse freilich auch der SPD nützen, in den Umfragen aus ihrem 25-Prozent-Keller herauszukommen, ist fraglich.
Die Genossen leiden darunter, dass sie als Aktivposten in der großen Koalition nicht wirklich wahrgenommen werden. Geschweige denn, dass sich die Umsetzung ihrer Wahlversprechen in Prozentpunkte auf Bundesebene auszahlt. Während die Union ein ums andere Mal um ihre Positionen streitet - Abbau der kalten Progression, Umgang mit der Energiewende, Absenkung des Soli, Griechenlandhilfe - steht die SPD sogar deutlich geschlossener da. Nur: Der Wähler merkt es nicht. Oder will es nicht merken. Die Rente mit 63, die Einführung des Mindestlohns, das alles ist in der Wirkung für die Genossen regelrecht verpufft. Nichts spricht dafür, dass es bei der Mietpreisbremse anders werden wird. Auch wenn steigende Mieten (fast) jeden plagen. Die SPD steckt fest in der Umklammerung von Kanzlerin Angela Merkel. Das ist das eine. Unter Parteichef Sigmar Gabriel haben die Genossen aber auch noch nicht den Nerv der Menschen getroffen. Das mag daran liegen, dass die Partei bislang vor allem an ihre Stammwähler verteilt hat. Sie hat dabei jene aus dem Visier verloren, die als "Leistungsträger" der Gesellschaft betitelt werden. Die sogenannte "gesellschaftliche Mitte", die arbeitende Generation der normal situierten 30- bis 50-Jährigen. Bei dieser Gruppe, so sagen es die Demoskopen, haben die Sozialdemokraten dramatisch an Popularität eingebüßt. Sie hat bisher von den Vorzeigeprojekten der SPD kaum profitiert. Das hat den Verbleib im 25-Prozent-Keller augenscheinlich betoniert. Bis zur Bundestagswahl ist zwar noch hin, aber die Genossen werden unruhig. Setzt die Trendwende nicht bald ein, wird die Regierungspartei SPD um eine Strategiediskussion nicht herumkommen. Schneller, als Gabriel es lieb sein kann.
Quelle: Westdeutsche Zeitung (ots)