Wehrbeauftragter warnt vor überstürztem Abzug aus Afghanistan
Archivmeldung vom 19.06.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, warnt vor einer Überforderung der Bundeswehr beim anstehenden Afghanistan-Abzug. "Für die ganze Rückverlegung braucht man erhebliche Kapazitäten", sagte der FDP-Politiker der Tageszeitung "Die Welt". "Es ist schwer vorstellbar, wie dieser komplexe Auftrag erfüllt werden soll, wenn wir mit der zurückgehenden Zahl von Kampftruppen auch die Gesamtzahl der Soldaten rasenmähermäßig runterfahren."
Die Nato hat beschlossen, bis Ende 2014 die Kampfmission in Afghanistan zu beenden, auch die Bundeswehr will bis dahin den Großteil ihrer derzeit 4700 Soldaten abziehen. Ihre Logistiker gehen im Moment davon aus, dass sie rund 6000 Container und rund 1900 Fahrzeuge zurück nach Deutschland bringen müssen.
Der Wehrbeauftragte erwartet jedoch, dass die Bundeswehr mit dem geplanten Abzug der Isaf-Truppen noch weitaus mehr zu tun haben wird. "Je nachdem, wie sich die Lage an der pakistanischen Grenze entwickelt, werden immer mehr Nationen über den Norden abziehen", sagte Königshaus. Und als Führungsnation in Nordafghanistan trage Deutschland dort Verantwortung bis zum letzten Tag, an dem dort ein Soldat stationiert sei, egal aus welchem Land. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Straßen frei sind, dass die Flugplätze betrieben werden, dass die vorhandenen Truppen versorgt werden, mit Treibstoff, mit Wasser, mit Essen", sagte der Wehrbeauftragte.
Ein Rückzug lasse sich nicht nebenbei organisieren. So sieht es auch Isaf-Regionalkommandeur Erich Pfeffer. "Diese Aufgabe wird immer bedeutender, sie ist aber nicht mein Hauptauftrag hier", sagte der Generalmajor der "Welt". "Das verkennen in der aktuellen Diskussion viele." Mit Schwerpunkt werde der materielle Rücktransport erst 2013 und 2014 laufen. Wenn aber heute ein Soldat in den Einsatz gehe, sagt Pfeffer, dann führe das sogar zu Fragen wie: "Was machst du da überhaupt noch? Ihr kommt doch eh bald zurück."
Derzeit würden die Zahlen ermittelt, wie viele "Umzugshelfer" die Bundeswehr überhaupt benötige. Im Herbst werde man da ein ganzes Stück weiter sein. "2012 ist das Jahr der Planung und des Entrümpelns", sagt General Pfeffer. "Wie bei einem Umzug, fangen wir bereits an, bestimmte Dinge auszusortieren, die wir hier nicht mehr benötigen." Seit einigen Wochen schon hebt jedes Transportflugzeug, das Material in den Einsatz bringt, vollgepackt wieder ab. Mit dem Befehl "Aggressive Housekeeping" wurden alle deutschen Einheiten aufgefordert, Dinge aufzulisten, die sie im Einsatz nicht mehr benötigen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur