SPD fürchtet Parteitagsbeschluss gegen Bahnprivatisierung
Archivmeldung vom 21.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bündnis "Bahn für Alle" hat die Absicht der Koalitionsspitze scharf kritisiert, das Gesetzgebungsverfahren zur Bahnprivatisierung so abzukürzen, dass der Bundestag noch vor dem Bundesparteitag der SPD vom 26. bis 28. Oktober darüber abstimmen kann.
"Hier wird das
parlamentarische System missbraucht, um die Demokratie auszuhebeln",
sagte Hendrik Auhagen vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac,
das Mitglied von "Bahn für Alle" ist. Die angeblich "sorgfältige
Prüfung" des Gesetzentwurfs , die der SPD-Vorstand heute beschlossen
hat, sei ein Ablenkungsmanöver und in so kurzer Zeit nicht möglich.
Die Bundesregierung hat dem Bundesrat den Gesetzentwurf jetzt als
"eilbedürftig" zugeleitet. Dadurch könnte sich der Bundestag bereits
ab dem 10. September nach der Sommerpause in erster Lesung mit dem
Gesetzentwurf befassen, auch ohne dass eine Stellungnahme des
Bundesrates vorliegt. Zudem sollen die Regierungsfraktionen dem
Vernehmen nach einen wortgleichen Gesetzesentwurf zur
Bahnprivatisierung in den Bundestag einbringen - parallel zum bereits
vorliegenden Entwurf der Bundesregierung. Auch in diesem Fall müsste
der Bundestag nicht die Stellungnahme des Bundesrates abwarten. In
beiden Fällen könnte die dritte Lesung (Abstimmung) vor dem
SPD-Parteitag stattfinden.
Dieses Szenario wurde auch in der heutigen Sitzung des SPD-Vorstandes
an die Wand gemalt. "Das wäre eine unverantwortliche politische
Provokation", kritisierte Hermann Scheer, Mitglied des SPD-Vorstandes
und Präsident von Eurosolar, einem der Bündnispartner von "Bahn für
Alle". Die angebliche Eilbedürfigkeit sei an den Haaren herbeigezogen.
"Offenbar haben Partei- und Fraktionsspitze der SPD solche Angst vor
dem gesunden Menschenverstand ihrer Basis, dass sie mit allen Tricks
versuchen, die SPD-Mitglieder außen vor zu lassen", ergänzte Hendrik
Auhagen von Attac. Die Privatisierungsbefürworter in der großen
Koalition versuchten mit aller Macht, sich über den Willen der
Bevölkerung und die Warnungen von Experten hinwegzusetzen.
Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage vom Juli lehnen 64 Prozent
der Bevölkerung die Privatisierungspläne der Bundesregierung ab. Zudem
haben sich bereits fünf SPD-Landesverbände gegen die
Bahnprivatisierung ausgesprochen. Zuletzt hatte die bayerische SPD
Mitte Juli ein Privatisierungsmoratorium bis 2010 gefordert. Die
Verkehrsminister der Länder lehnten den Gesetzentwurf bei ihrer
Sonderkonferenz Anfang August einstimmig ab. Der Bundesrechnungshof
hat bereits 2006 vor einem Börsengang der Bahn gewarnt.
"Wir werden massiv gegen die Bahnprivatisierung mobilisieren",
kündigte Hendrik Auhagen an. So haben etwa die Attac-Mitglieder Anfang
August entschieden, die Bahnkampagne in den kommenden Monaten in den
Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zu stellen.
Quelle: Pressemitteilung "Bahn für alle"