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Merkel: Große Koalition wird sich "zusammenraufen"

Archivmeldung vom 23.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Urlaubspause zieht Bundeskanzlerin Angela Merkel eine positive Bilanz der Regierungsarbeit. Die Opposition spricht dagegen von Stillstand.

  Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für den Rest der Legislaturperiode eine "entschlossene" Sacharbeit angekündigt. "Wahlkampf wird es genug geben, aber nicht in den nächsten Monaten", sagte Merkel am Mittwoch in Berlin bei der letzten großen Pressekonferenz vor ihrem Urlaubsantritt. Die große Koalition arbeite nun im dritten Jahr unter dem Motto "Investieren, Sanieren, Reformieren" und habe dabei einige Erfolge erzielt. So verwies Merkel unter anderem auf die Schaffung von 1,6 Millionen neuen Arbeitsplätzen und die Möglichkeit, im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die Opposition sprach dagegen von Stillstand.

Nach der Sommerpause stünden weitere wichtige Themen wie beispielsweise die Reform der Erbschaftsteuer und der Bildungsgipfel an, sagte Merkel. Auch die Gesundheitsreform müsse zu Ende gebracht werden ebenso wie die Föderalismusreform II, in der es um die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern geht. Zu dem im Herbst erwarteten Existenzminimumbericht rechne die Bundesregierung damit, eine Erhöhung des Kinderfreibetrags "vornehmen zu müssen" ebenso wie Veränderungen beim Kindergeld.

Absage an einheitlichen Mindestlohn


Einem einheitlichen, flächendeckenden Mindestlohn erteilte Merkel eine Absage. Dies würde zur "Vernichtung von Arbeitsplätzen" führen. Eine Aufnahme der Zeitarbeitsbranche in das Mindestlohngesetz lehnte die Kanzlerin ebenfalls erneut ab. Auch die Forderung der Schwesterpartei CSU nach einer sofortigen Wiedereinführung der Pendlerpauschale wies Merkel erneut zurück.

Bei den Wachstumsraten stehe Deutschland gut da, "aber auch die Sorgen der Menschen" angesichts der hohen Energiepreise und der damit wachsenden Inflation müssten ernst genommen werden. "Es spricht also alles dafür, in den nächsten Monaten die Arbeit entschlossen fortzusetzen", sagte Merkel.

Große Koalition "kein Dauermodell"


Zum Verhältnis von Union und SPD sagte Merkel, sie erwarte, "dass wir uns zusammensetzen und zusammenraufen". Die Koalition mit der SPD sei sicher "kein Dauermodell", aber auch andere Bündnisse erforderten Kompromisse. FDP-Chef Guido Westerwelle hatte sich zuvor in einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" nicht auf eine Koalition mit der Union festgelegt. Seine Partei freue sich über das große Interesse von Union und SPD. "Wir werden nüchtern und sachlich darüber entscheiden, mit wem wir nach der Bundestagswahl eine Koalition eingehen wollen", sagte er.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erklärte, die Kanzlerin habe sich am Mittwoch "nicht nur in den Urlaub abgemeldet, sondern vom Regieren bis zur Wahl". Sie habe nichts angekündigt, "was Deutschland bis dahin voranbringt". Merkels "vage Ankündigungen einer Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags und eines erhöhten Kinderfreibetrags sind völlig unzureichend". Begrüßenswert nannte Niebel es dagegen, dass Merkel einem flächendeckenden staatlichen Mindestlohn erneut eine Absage erteilt habe.

Opposition hält Zwischenbilanz für "merkwürdig"


Die Grünen-Parteichefs Reinhard Bütikofer und Claudia Roth bezeichneten Merkels Zwischenbilanz als "merkwürdig". "Nicht investieren, sanieren und reformieren, sondern abkassieren, rumlavieren und blockieren ist der zentrale Dreiklang dieser großen Koalition", erklärten die beiden in Berlin. Merkel verabschiede sich "mit warmer Luft in die Sommerpause", kritisierte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. "Die Koalition hat keine Ambitionen mehr - nach der Sommerpause wird der Stillstand weiter regieren."

Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, kritisierte, die Kanzlerin rede sich die "Realität schön". Ihre Politik sei "völlig ohne strategische Idee". Der Osten sei der Kanzlerin trotz der dort weiter vorhandenen Probleme "keinen Kommentar wert" gewesen.

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