Parteienstreit über Konsequenzen aus Armuts- und Reichstumsbericht
Archivmeldung vom 06.03.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer umstrittene Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat eine Kontroverse über die stärkere Besteuerung großer Vermögen ausgelöst. Während die Union steuerrechtliche Konsequenzen ablehnt, fordert die Opposition eine höhere Reichensteuer und schärfere Regelungen bei der Unternehmensvergütung. Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, wies hingegen darauf hin, dass in den Gehaltsregionen, in denen sich Spitzenmanager bewegen, die Steuerlast inklusive Soli und Kirchensteuer bereits heute bei über 50 Prozent liege.
"Im Steuerrecht haben wir damit den vertretbaren Rahmen ausgeschöpft", sagte der CDU-Politiker "Handelsblatt-Online". "Alles, was jetzt noch draufgesattelt würde, könnte wie in Frankreich dazu führen, dass Unternehmer und Unternehmen abwandern und ihre Investitionen lieber im Ausland tätigen." Ein Ansatz außerhalb des Steuerrechts erscheine ihm daher sinnvoller.
In diese Richtung versteht Flosbach auch die Ankündigungen der EU-Kommission, was eine Begrenzung von Managergehältern angeht. "Wichtig ist, dass es Vergütungsstrukturen gibt, die Fehlanreize verhindern", sagte er. Gleichwohl sollte aus seiner Sicht zunächst den Vorschlag der Kommission abgewartet werden.
Der Vize-Sprecher der SPD-Linken im Bundestag, Carsten Sieling, warf der Bundesregierung sowohl beim Armuts- und Reichtumsbericht als auch bei den Managergehältern Handlungsunfähigkeit vor. Er kritisierte zudem, dass in dem Armutsbericht "die aussagekräftigen Passagen" fehlten. Außerdem beklagte er, dass die Koalition bei den Managergehältern "alles beim Alten" belassen wolle: "Großverdiener werden hofiert, alle anderen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bezahlen die Zeche von Gier und Spekulation", sagte Sieling "Handelsblatt-Online".
Die Antworten der SPD lägen auf dem Tisch, fügte er hinzu: Nötig sei endlich eine Vermögensteuer, betonte Sieling. "Die Abgeltungsteuer muss erhöht werden, ebenso wie der Spitzensteuersatz von 42 Prozent auf 49 Prozent für zu versteuernde Einkommen ab 100.000 Euro bzw. 200.000 Euro bei Eheleuten."
Um eine ausufernde Vergütung zu verhindern, wäre es aus Sicht der Grünen-Haushälterin Priska Hinz sinnvoll, die Boni in Zukunft hauptsächlich am langfristigen Unternehmenserfolg festzumachen. "Nicht nur in der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass kurzfristige Gewinne dem nachhaltigen Erfolg oft diametral entgegenstehen", sagte Hinz "Handelsblatt-Online". "Um die für die Steuerzahler entstandenen Kosten der Krise zu kompensieren, halte ich eine zeitlich befristete Vermögensabgabe für notwendig."
Im Bereich der Unternehmensvergütung sollte nach Ansicht von Hinz unabhängig von Überlegungen auf EU-Ebene auch auf Bundesebene gehandelt werden, damit Jahresgehälter nur noch bis zu einer Höhe von 500.000 Euro von der Steuer absetzbar seien. "Auch dies verhindert Gehaltsexzesse", sagte die Grünen-Politikerin.
Kabinett verabschiedet umstrittenen Armuts- und Reichtumsbericht
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den koalitionsintern heftig umstrittenen Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung verabschiedet. Aus diesem geht unter anderem hervor, dass die Kluft zwischen Reichen und Mittellosen in Deutschland weiter gewachsen ist. Zwischen 14 und 16 Prozent der Bundesbürger sind demnach von Armut bedroht.
Auf der anderen Seite würden die reichsten zehn Prozent der deutschen Haushalte über mehr als 50 Prozent des gesamten Nettovermögens verfügen. Der Armuts- und Reichtumsbericht wurde seit Monaten in der schwarz-gelben Koalition diskutiert, unter anderem wurden mehrere Passagen auf Wunsch von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gestrichen. So entfiel auch der Satz "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt" in der Endfassung. Kritiker sehen den Armutsbericht als "Schönfärberei".
Verdi-Chef Bsirske: Armutsbericht bestätigt unsoziale Langzeitwirkung der Agenda 2010
Der Armuts- und Reichtumsbericht der schwarz-gelben Bundesregierung bestätigt nach Ansicht von Verdi-Chef Frank Bsirske die unsoziale Langzeitwirkung der mit der "Agenda 2010" eingeleiteten Politik der früheren rot-grünen Bundesregierung. Bsirske, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstagausgabe): "Was in diesem Bericht zu besichtigen ist, sind die Folgen einer umfassenden Deregulierungspolitik auf den Finanzmärkten und auf dem Arbeitsmarkt. Und das war die Politik des letzten Jahrzehnts, begonnen mit der Agenda 2010."
Caritas-Präsident entsetzt über Armuts- und Reichtumsbericht
Caritas-Präsident Peter Neher hat das das Gezerre um den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung heftig kritisiert. "Ich bin relativ entsetzt über die Art und Weise, wie dieser Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht wird", sagte der Präsident des deutschen Caritasverbandes im Sender Phoenix. Es hätte einen Entwurf gegeben, der dann korrigiert und in mehreren Lesungen beraten wurde, bis er schließlich ins Kabinett ging. "Die Kraft dieses Berichtes und die Dramatik, mit der er auf die Armuts- und Reichtumssituation in unserem Land hinweist, verpufft damit. Man hat fast das Gefühl, es ist politisch gewollt, dass dieser Bericht eigentlich nur häppchenweise zur Kenntnis genommen wird. Bis er dann endlich ganz da ist, dass ihn eigentlich niemanden mehr interessiert." Der Bericht dürfe nicht einfach ad acta gelegt werden. "Wir müssen aus den Ergebnissen ins Handeln kommen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur