Streeck mahnt Bundesregierung zu umfassender Corona-Aufarbeitung
Archivmeldung vom 18.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Virologe Hendrik Streeck, der 2025 für die CDU in den Bundestag einziehen will, fordert eine umfassende Aufarbeitung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
"Eine alleinige Enquete-Kommission oder ein Bürgerrat reichen meiner
Meinung nach nicht aus", sagte Streeck der "Welt". "Zuerst sollte die
Wissenschaft die Pandemie umfassend und gemeinsam analysieren,
idealerweise im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz aller
Fachbereiche und Arbeitsgruppen bilden. Parallel dazu muss die
politische Entscheidungsfindung aufgearbeitet werden." Ob eine
Enquete-Kommission hierfür das beste Instrument sei, bleibe offen.
Klar
sei aber, so Streeck: "Wenn die Bundesregierung und auch der
Bundesgesundheitsminister ihre Worte mit Forderungen nach Aufarbeitung
ernst meinen, dann bleibt ihnen nur noch dieser Monat, um
parlamentarische Prozesse anzustoßen, die noch in dieser Legislatur
Früchte tragen können. Wenn das verschlafen wird, bleiben es hohle
Forderungen."
Die Pandemie habe gezeigt, dass Deutschland ein
unabhängiges, agiles und handlungsfähiges Gesundheitsinstitut brauche,
um die Bevölkerung vor globalen Gesundheitsgefahren zu schützen, so
Streeck. "Eine strukturelle Reform und Neuaufstellung des RKI ist daher
unerlässlich. Das RKI und die Public-Health-Strukturen können nicht
unverändert bleiben, und die geplante Zerschlagung in BiPAM und RKI geht
genau in die falsche Richtung. Im Gegenteil, ich würde mir eine
Stärkung und Unabhängigkeit des RKI wünschen."
Das größte
Versäumnis bei der Bekämpfung von Corona habe darin bestanden, dass das
Management der Pandemie zu sehr auf eine rein virologische Perspektive
beschränkt gewesen sei. "Es wurde früh klar, dass ein breites Spektrum
an Expertisen erforderlich ist - von Virologen und Epidemiologen bis hin
zu Soziologen, Psychologen, Kinderärzten, Wirtschaftsexperten und sogar
Philosophen", so Streeck.
"Um solche Krisen künftig besser zu
bewältigen, braucht es einen unabhängigen Pandemie-Rat oder ein
Expertengremium, das die Regierung wissenschaftlich fundiert berät."
Andere Länder wie England hätten hier professionellere Strukturen.
"Solch ein Beratungssystem würde ich mir auch für Deutschland wünschen,
um das Zusammenspiel von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit besser
zu definieren."
Quelle: dts Nachrichtenagentur