Verfassungsrechtler kritisieren neues NRW-Hochschulsicherheitsrecht
45 Verfassungsrechtsprofessoren aus NRW haben in einer gemeinsamen Stellungnahme Pläne von Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) kritisiert. In dem Papier, über das die "Rheinische Post" in ihrer Freitagausgabe berichtet, warnen die Juristen, durch die Einführung eines Hochschulsicherheitsrechts drohe "ein nicht wiedergutzumachender Schaden" und ein institutionalisiertes Misstrauen.
Die Idee des Referentenentwurfs aus Brandes' Haus: Mithilfe von deutlich
mehr Sanktionsmöglichkeiten sollen die Hochschulen zu sicheren Orten
für ihre Mitglieder gemacht werden und beispielsweise Machtmissbrauch,
Diskriminierung oder gar sexuelle Übergriffe ausgeschlossen werden.
Die
Professoren kritisieren jedoch: "Was durch die Regelungen des
Referentenentwurfs verursacht wird, ist eine Umwidmung der Hochschulen
von Orten des gemeinsamen Wagnisses auf der Suche nach Wahrheit zu Orten
des Verdachts und der Disziplinierung - vielleicht, ohne das in dieser
Schärfe zu wollen."
Im Ministerium wies der zuständige
Abteilungsleiter Joachim Goebel gegenüber der "Rheinischen Post" die
Vorwürfe zurück: "Bei nachgewiesenem Fehlverhalten von Professorinnen
und Professoren gibt es zurzeit als Sanktionsmöglichkeit nur die Rüge,
die Gehaltskürzung und die Entfernung aus dem Dienst. Nach dem Entwurf
des Hochschulstärkungsgesetzes werden wir auch stärker greifende
Gehaltskürzungen und Zurückstufungen einführen."
Der Bochumer
Verfassungsrechtsprofessor Julian Krüper, einer der Mitunterzeichner,
warnt jedoch davor, dass weitreichende Sanktionen wie ein
Betretungsverbot bis hin zum Entzug der Lehrerlaubnis schon verhängt
werden könnten, wenn gegen einen Beschuldigten "zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte" für einen Sicherheitsverstoß vorliegen. Auf
Verdachtsebene, so Krüper, werde gleich voll zugelangt. In ihrer
Stellungnahme schreiben die 45 Professoren: "Wir sind dem gemeinsamen
Ziel verpflichtet, durch offenen Diskurs bessere Argumente zu
formulieren, Irrtümer zu entdecken, der Wahrheit näherzukommen. Das
gelingt nur im wechselseitigen Vertrauen, und dabei können auch
Grenzüberschreitungen vorkommen." Für solche Fälle hätten die
Hochschulen seit langem Instrumente der Klärung etabliert.
"Der
Gesetzesentwurf ist natürlich mit allen anderen Häusern geeint", sagte
Abteilungsleiter Goebel. "Das ist die Voraussetzung dafür, dass der
Entwurf vom Kabinett verabschiedet wurde. Zudem werden unsere Positionen
von zwei juristischen Gutachten gestützt. Aber die Anhörung läuft noch.
Selbstverständlich sind wir für Hinweise dankbar, wo wir noch präziser
formulieren können."
Quelle: dts Nachrichtenagentur