Sachsen-Anhalt: Abgeordnete planen MDR-Untersuchungsausschuss
Archivmeldung vom 02.08.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićLandtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt planen einen Untersuchungsausschuss, in dem sie die Vergabe umstrittener Beraterverträge durch den MDR überprüfen wollen. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung.
Nach MZ-Informationen gibt es dazu bereits vertrauliche Absprachen unter den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP und der oppositionellen Linken: Vor allem in der CDU wird derzeit an konkreten Fragestellungen für den geplanten U-Ausschuss gefeilt. Der Ausschuss soll nach Informationen des Blattes in der zweiten Jahreshälfte seine Arbeit aufnehmen können.
Anlass der angestrebten Untersuchung sind umstrittene Gutachterverträge, die der MDR an Sachsen-Anhalts früheren Rechnungshofpräsidenten Ralf Seibicke vergab. Seibicke kassierte dafür in den Jahren 2016 und 2017 rund 60.000 Euro. Brisant aus Sicht der Abgeordneten: Zwei Gutachten fallen in eine Zeit, in der Seibicke parallel auch in der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) saß. Dieses Gremium soll in Deutschland unabhängig festlegen, wie viel Geld die öffentlich-rechtlichen Sender bekommen - und eben auch, wie viel sie sparen sollen. Bereits im Juni hatten Abgeordnete im Medienausschuss des Landtags die Unabhängigkeit Seibickes hinterfragt, da er zeitgleich vom Sender Geld kassierte. Der aktuelle Landesrechnungshofpräsident, Kay Barthel, hatte im Ausschuss eine "klare Interessenkollision" kritisiert.
Untersuchungsausschüsse im Landtag haben weitgehende Rechte. Sie können ähnlich wie Gerichte Zeugen vorlagen, befragen und Akten anfordern. Noch sind die Absprachen für den geplanten Ausschuss vertraulich, niemand äußert sich offen. Doch auf MZ-Anfrage bekräftigten Abgeordnete ihre Kritik. "Hier sind gründliche Untersuchungen nötig", sagte der Linken-Medienpolitiker Stefan Gebhardt. "So, wie die Dinge gelaufen sind, kann man sie nicht auf sich beruhen lassen." SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagte dem Blatt: "Ich finde es befremdlich, dass man diesen Weg der Beratung und Beauftragung gewählt hat, obwohl man um die Rolle von Herrn Seibicke wusste." Pähle ergänzte: "Ich staune auch, dass Herr Seibicke nicht wusste, welche Pflichten er gegenüber dem Land hat." Hintergrund: Die Landtagsverwaltung hat ein Disziplinarverfahren gegen Seibicke eingeleitet, weil er als früherer Beamter den Beraterjob beim MDR verschwiegen haben soll. Es droht die Aberkennung der Pension.
Sowohl der Sender als auch Seibicke haben Vorwürfe bisher zurückgewiesen. Seibicke betonte stets, die Gutachten für den MDR seien inhaltlich von seinem KEF-Auftrag abgegrenzt gewesen. Auch der MDR erklärte bislang, Seibickes Gutachtertätigkeit für den Sender sei nicht zu beanstanden.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (ots)