Häufige Umfragen machen mehr Druck auf Politiker
Archivmeldung vom 01.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDurch häufige Umfragen zur politischen Meinung gerät die Politik immer mehr unter Druck. "Die Stimmungsbarometer, die heute ständig geguckt werden, gab es damals nicht", erklärte der frühere Bundesinnenminister einer Großen Koalition, Professor Ernst Benda (CDU) in der "PHOENIX Runde".
Der Politikwissenschaftler
Professor Jürgen Falter sagte in der gleichen Sendung, man sei in den
60er Jahren noch "nicht überflutet worden mit neuen demoskopischen
Ergebnissen". Im übrigen habe es bei den Politikern seinerzeit nicht
"diese Galerie der Eitelkeiten" gegeben, die sich an
Beliebtheits-Beurteilungen in Umfragen orientiere: "Wenn Demoskopie
so ein bisschen die Zielfindung ersetzt, dann ist das eine Perversion
von Politik."
Olaf Scholz, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im
Bundestag, meinte in der Runde, es sei durchaus möglich, sich als
Politiker von Umfrage-Ergebnissen "ein bisschen frei zu machen":
"Einem Politiker, der nach Umfragen schielt, sieht man das an. Das
kommt auch nicht gut." Man müsse die täglichen Umfragen locker
nehmen, betonte Scholz: "Mein Rat wäre jedenfalls an die, die es
nicht so locker sehen, sich eine Lockerheit zurecht zu legen."
Norbert Röttgen, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU im Bundestag,mahnte ebenfalls einen vorsichtigen Umgang mit Umfragen an: "Ich glaube, dass die Große Koalition ein Instrument ist, sich von der Kurzatmigkeit der Politik zu emanzipieren und einen langen Atem zu gewinnen. Wenn sozusagen die aktuelle Umfrage schon die Prognose für die nächste Landtagswahl ist, hat es schon seine Einwirkung auf den politischen Mut, am Kurs festzuhalten. Wir haben aber ein paar Probleme, für die man einen langen Atem braucht." Die schwarz-rote Koalition auf Bundesebene sei deshalb, so Röttgen in der "PHOENIX Runde", eine "Chance, mehr Zeit in die Politik zu bekommen". Die Kommunikations-Bedingungen hätten sich seit der Großen Koalition in den 60er Jahren deutlich geändert und seien schneller geworden: "Verlieren wir uns nicht zu häufig im Kurzfrist-Aktionismus und schaffen es nicht, die Aufmerksamkeit auch langfristige Entwicklungen zu richten?", fragte Röttgen.
Quelle: Pressemitteilung PHOENIX