Katja Kipping: Existenzsicherung und Teilhabemöglichkeit - ein Recht aller Bürgerinnen und Bürger
Archivmeldung vom 01.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAm 1. Oktober 1927 trat das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung in Kraft. Damit wurden die provisorischen Regelungen der Erwerbslosenfürsorge ersetzt und ein bedingter Rechtsanspruch auf eine Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit geschaffen. Das war ein sozialer Fortschritt.
Zum 80. Jahrestag des
Inkrafttretens des Gesetzes erklärt die stellvertretende
Parteivorsitzende Katja Kipping (MdB):
Die von der Lohnhöhe und Beitragszahlungen abhängige Leistung an
den Erwerbslosen hatte aber von Anfang an zwei grundlegende
Nachteile. Nur wer Beiträge zu Versicherung eingezahlt hatte, erwarb
damit einen Leistungsanspruch. Die Leistungshöhe war abhängig vom
vorherigen Verdienst. Menschen mit niedrigem Lohn und keiner
sozialversicherungspflichtigen Arbeit erreichte der soziale Schutz
nicht. Armut und Ausgrenzung vieler Bürgerinnen und Bürger aus dem
Leistungsbezug waren und sind die Folge.
Durch die Politik wurden über die Jahre die generelle
Anspruchshöhe, die Dauer des Leistungsbezuges und die
Zumutbarkeitskriterien zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit permanent
verändert - zu ungunsten der Leistungsberechtigten. Mit den
Hartz-Gesetzen wurde die Arbeitslosenversicherung auf ein skandalöses
Minimum geschrumpft. Nach kurzer Anspruchszeit droht nun der freie
Fall in die Armut.
Heute, 80 Jahre nach der Einführung der Arbeitslosenversicherung,
kommt es darauf an, das Arbeitslosengeld I wieder zu stärken. Dies
hat offenbar auch die SPD erkannt und denkt über Korrekturen der
Agenda 2010 nach.
Diese Korrektur ist überfällig, eine Stärkung des Arbeitslosengeldes
allein reicht aber nicht aus. Es muss ergänzt werden durch eine
Mindestabsicherung nach unten. Auch Menschen, die keinen Anspruch auf
das Arbeitslosengeld erwerben, haben ein Anrecht auf eine
gesellschaftliche Teilhabe.
Ich fordere daher, neben sinnstiftender und Existenz sichernder
Arbeit und einem gesetzlichen Mindestlohn, die Anhebung der Höhe des
Arbeitslosengeldes I auf 75 % des vorherigen Verdienstes und eine
bedeutend längere Anspruchsdauer als es heute der Fall ist.
Die soziale Sicherheit von Menschen darf grundsätzlich nicht mehr von deren Status als Arbeitender oder Nichtarbeitender abhängig sein, sondern ist an ihren Status als Bürgerin und Bürger zu koppeln. Soziale Sicherheit ist ein unveräußerliches individuelles Bürgerrecht, das jeder und jedem das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe zugesteht. Nur so kann auch eine Demokratie Bestand haben. Daher soll eine bedarfsorientierte und repressionsfreie Grundsicherung in Höhe von 800 EUR allen Bürgerinnen und Bürgern, die nicht durch Erwerbsarbeit, vorrangige Sozialleistungen wie das ALG I oder sonstige eigene Einkommen ausreichend abgesichert sind, ihre Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Diese Grundsicherung ist im Bedarfsfall zu ergänzen durch einen Anspruch auf Wohngeld und eine ausreichende Krankenversicherung.
Quelle: Pressemitteilung DIE LINKE
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