Datenschützer Schaar soll Bundestrojaner überprüfen
Archivmeldung vom 21.10.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Programme zur Quellen-TKÜ von Bundespolizei, Bundeskriminalamt (BKA) und Zollkriminalamt werden vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar auf ihre rechtliche Zulässigkeit überprüft. Das berichtet die "Mitteldeutsche Zeitung". Einen entsprechenden Beschluss fasste der Bundestags-Innenausschuss dem Blatt zufolge bereits am Mittwoch. Schaar bestätigte dies. Er sagte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Ich gehe davon aus, dass das zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen wird. Und wir müssen dabei Einblick in die Quellcodes haben."
Der Quellcode ist der Bauplan eines Trojaners, der steuert, was er tut. Die Trojaner des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes werden von Schaar voraussichtlich nicht geprüft, weil die Geheimdienste der Kontrolle der G 10-Kommission des Bundestages unterliegen.
SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz erklärte, der Datenschutzbeauftragte sei für die Aufgabe genau der richtige Mann. "Es muss zweifelsfrei sein, dass wir korrekt arbeiten", betonte er gegenüber der Zeitung aus Halle. "Schaar kann uns da helfen. Seine Stimme hat Gewicht."
BKA-Präsident Jörg Ziercke hatte im Innenausschuss eingeräumt, dass seine Behörde die Quellcodes der von ihr genutzten Trojaner gar nicht kennt. Mit Hilfe der Quellen-TKÜ werden Internet-Telefonate, Mails und Chats überwacht.
Julis kritisieren Friedrichs Staatstrojaner-Pläne
Die Jungen Liberalen (Julis) haben die Absicht von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)kritisiert, die Entwicklung von Staatstrojanern zum Ausspähen verdächtiger Computer in die eigene Hand zu nehmen. "Die Vorstellung, dass Beamte und Angestellte nun als Computerhacker aktiv werden, ist doch ziemlich irritierend", sagte Juli-Chef Lasse Becker der "Rheinischen Post". Die Staatsanwaltschaften klagten jetzt schon über Rückstaus von sechs bis neun Monaten, weil es nicht genügend IT-Spezialisten gebe, um beschlagnahmte Computer zu durchsuchen. "Da stellt sich doch die Frage, ob es nicht besser wäre, mehr Experten für diese rechtsstaatlich saubere Angelegenheit einzustellen, statt sie in Richtung heimlicher Online-Durchsuchungen auf den Weg zu bringen", sagte Becker.
Der Innenminister habe zudem "offensichtlich kein Problem damit, sich über das Verfassungsgericht hinwegzusetzen". Denn in dem Urteil zu Staatstrojanern sei es auch um Screenshots gegangen, an denen Friedrich festhalten wolle. "Das ist für einen Verfassungsminister eine gefährliche Aussage", unterstrich Becker. Die FDP erwarte, dass Friedrich den parlamentarischen Kontrollgremien vollständig Auskunft gebe über alles, was im Zusammenhang mit den Trojaners bislang gelaufen sei.
Quelle: dts Nachrichtenagentur