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Föderalismusreform: "Augen zu und durch ist keine Politik"

Archivmeldung vom 07.03.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.03.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nach der heute von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Länderministerpräsidenten bekräftigten Absicht, die Föderalismusreform wie geplant im Eiltempo durch das Gesetzgebungsverfahren zu treiben, stellt sich die Frage, wie ernst Politik in Deutschland noch genommen werden will.

"Wenn Fachleute jeglicher Couleur, Umwelt- und Industrieverbände, der Bundesumwelt- und der Bundeswirtschaftsminister gemeinsam die Hand heben und vor einem Desaster warnen, wenn daraufhin die Spitzen der Politik erklären, das Gesamtpaket dürfe nicht mehr aufgeschnürt werden, weil sonst die Reform insgesamt scheitert, dann ist das keine Politik, sondern ihr Offenbarungseid", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Resch befürchtet eine "neue Welle der Politikverdrossenheit", wenn sich in wenigen Jahren herausstellen werde, dass diese große Staatsreform die unbestrittenen Defizite des deutschen Föderalismus verstärkt, statt sie zu mildern. Es könne nicht sein, dass sich weiter das Bundesverfassungsgericht an den Sünden der Politik abarbeite, wie dies bei den unausgegorenen Regelungen im Umwelt- und Naturschutzrecht nun drohe. Resch appellierte an die Mitglieder des Bundestages, die weitreichendste Grundgesetzänderung in der Geschichte der Bundesrepublik nicht allein der Exekutive zu überlassen, sondern selbstbewusst mit der eigenen Kompetenz des Parlaments einzugreifen.

Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hatte seit der Grundsatzeinigung der Großen Koalition und der Bundesländer auf die Föderalismusreform im Herbst 2005 immer wieder auf die Defizite, auf grundsätzliche und handwerkliche Mängel beim Umweltrecht hingewiesen und war dabei von Umweltjuristen, aber auch von Parlamentariern aus allen Fraktionen bestärkt worden. "Der Kernfehler war und ist, dass die Politikspitzen in Berlin und die Ministerpräsidenten der Länder von Anfang an auf fachlichen Rat verzichtet haben und die Staatsreform wie auf einem Basar aushandelten", sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH. So habe es dazu kommen können, dass "Unsinn gegen Unsinn getauscht wurde und das Land im Ergebnis mit dem doppelten Unsinn leben muss." Die jetzt vorliegende Begründung zum Gesetzentwurf, der am Freitag in Bundestag und Bundesrat verhandelt wird, bestätige in seiner ganzen Widersprüchlichkeit noch einmal die Absurdität der geplanten Regelungen für den Umweltbereich. Ziehm betonte aber auch, dass ganz im Gegensatz zu den provozierenden Stillhalteparolen der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten die Verhandlungen heute nicht zu einem Abschluss gekommen seien, sondern in Wirklichkeit genau jetzt begännen. Das formale Gesetzgebungsverfahren starte an diesem Freitag. Ab sofort könnten die Politikspitzen die fachlich wohl begründeten Bedenken der Abgeordneten nicht mehr einfach ignorieren: "Die Abgeordneten des Bundestages wissen: Augen zu und durch ist noch keine Politik."

Qulle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)

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