Baden-Württembergs Ministerpräsident sieht Demokratie in Gefahr
Archivmeldung vom 04.04.2020
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Freigeschaltet durch André OttBaden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die Handlungsfähigkeit der Demokratie in der Krise gelobt und zugleich vor schweren Gefahren für das Gemeinwohl gewarnt. "Ich sehe die Demokratien in dieser Krise in der Vorderhand", sagte Kretschmann der "Süddeutschen Zeitung".
Bundes- und Landesregierungen erbrächten derzeit den Beweis, dass sie wenn nötig schnell und entschlossen handeln könnten. "Wir zeigen, dass auch eine sonst liberale Regierung hart durchgreifen kann, wenn es notwendig ist", sagte Kretschmann. Der Grünen-Politiker sieht die Demokratien in einem existenziellen Wettbewerb mit anderen Systemen. "Die Sorge ist da, ob wir schnell und entschlossen genug handeln", so Kretschmann.
"Die Leute dürfen nicht das Gefühl haben, dass das in einem Staat wie China besser gemacht wird." Das habe für das Ansehen der Demokratie keine guten Folgen. Dass sich die Bundesregierung und sechzehn Länder innerhalb von zwei Stunden auf scharfe Maßnahmen wie die Kontaktbeschränkungen geeinigt hätten, sei entsprechend "eine gehörige Leistung". Außerdem würden die Menschen merken, was man sich mit Rechtspopulisten wie Viktor Orbán eingehandelt habe.
Jetzt zeige sich bei aller Eile, "wie wichtig Besonnenheit beim entschlossenen Handeln ist".
In diesem Zusammenhang verteidigte der Regierungschef aus Baden-Württemberg die derzeit gültigen Beschränkungen. "Wir arbeiten auf der Grundlage des Grundgesetzes, wenn wir in dieser Ausnahmesituation das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in den Vordergrund rücken und die Freizügigkeit drastisch einschränken." Entscheidend sei bei all dem, dass die Eingriffe temporär blieben und nach der Krise alle beseitigt würden. "Das ist die Nagelprobe, ob die Demokratie unverletzt aus der Sache hervorgeht", mahnte Kretschmann. "Das extraordinäre Tempo darf nur im Ausnahmezustand angewendet werden, sonst verfestigt man autoritäre Haltungen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur