Özdemir will an Bankett mit Erdogan teilnehmen
Archivmeldung vom 26.09.2018
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Freigeschaltet durch André OttGrünen-Politiker Cem Özdemir ist sich "sicher, dass Herr Erdogan bereits darüber unterrichtet ist, dass ich am Staatsbankett teilnehmen werde - sicher nicht zu seiner Freude". Dies sagte Özdemir der "Welt" mit Blick auf das Bankett, zu dem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anlässlich des Staatsbesuchs des türkischen Amtskollegen eingeladen hat.
Anders als seine Fraktionskollegen und Abgeordnete aus anderen Parteien - darunter FDP, Linke und AfD - will Özdemir an der hochrangigen Veranstaltung teilnehmen. "Erdogan muss sich damit abfinden, dass in Deutschland die Opposition Teil der Politik ist und nicht wie in der Türkei ins Gefängnis gesperrt oder mundtot gemacht wird. Er muss aushalten, dass er allein durch meine Anwesenheit daran erinnert wird, dass er in der Türkei ein Unrechtsregime betreibt", sagte der vormalige Grünen-Chef und jetzige Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag. Weil er mit seiner "klaren Kritik gewissermaßen ein Gesicht geworden" sei für den Protest gegen Erdogan und sein "Willkürregime", sei ihm die Teilnahme an dem Bankett wichtig. Darüber habe er sich nicht nur mit der Fraktionsspitze abgestimmt, sondern "auch mit prominenten türkischen Exilanten, Vertretern der türkischen und kurdischen Gemeinde, die mich alle in meiner Entscheidung bestärkt haben".
Zu den jüngst eher versöhnlichen Tönen Erdogan in Richtung Berlin sagte Özdemir: "Ich übersetze seine Ankündigung, das bilaterale Verhältnis verbessern zu wollen, mal in Deutsch. Das heißt: `Ich brauche Geld. Ich bin isoliert, mein Wirtschaftsmodell ist gescheitert, die Türkei steht vor einem Scherbenhaufen.`" Darum müsse dem türkischen Präsidenten in den Gesprächen in Deutschland klar gesagt werden: "Eine Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gibt es nur im Falle umfassender Reformen. Und damit meine ich nicht nur die dringend notwendigen ökonomische Reformen - Stichwort Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Zentralbank -, sondern vor allem auch politische Reformen - Stichwort Unabhängigkeit der Justiz, Meinungs- und Pressefreiheit."
Zur am Donnerstag anstehenden Entscheidung, ob die Fußball-EM 2024 an Deutschland oder die Türkei vergeben wird, sagte Özdemir: "Die Türkei ist so fußballbegeistert wie Deutschland. Aber wenn es in der aktuellen Lage mit rechten Dingen zugeht, ist die Sache glasklar: Aufgrund der menschenrechtlichen Situation in der Türkei kann die Entscheidung nur zugunsten Deutschlands ausfallen.".
Quelle: dts Nachrichtenagentur