Entscheidung über Milliardengeschenke an Energiekonzerne fällt Montag im Parteirat
Archivmeldung vom 17.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZwölf Greenpeace-Aktivisten überreichten gestern den Teilnehmern des SPD-Wirtschaftsforums im Willy-Brand-Haus Kompass-Tafeln mit der Frage: Wohin geht der Kurs der SPD? Die Kompassnadel auf den Tafeln kann in Richtung Milliardengeschenke an Energiekonzerne oder in Richtung mehr Geld für soziale Gerechtigkeit ausschlagen.
Die Umweltschützer fordern von den Sozialdemokraten eine
Kurskorrektur. Sie sollten sich für eine Versteigerung von
Emissionszertifikaten stark machen. Bisher werden den
Energiekonzernen wie RWE, Vattenfall und Co. jedes Jahr
Verschmutzungsrechte in Milliardenhöhe kostenlos zugeteilt. Auf der
anderen Seite fehlt für sozialdemokratische Politik zum Schutz von
Kindern, Kranken und Rentnern überall das Geld. Bislang will
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Rechte weiter kostenlos
an die Energieriesen abgeben. Finanzminister Peer Steinbrück, der das
Wirtschaftsforum eröffnet, setzt sich für eine Versteigerung ein.
"Wenn es hier heute um Wirtschaft geht, muss das
Milliardengeschenk an die Energiekonzerne ein Thema sein. Das ist
verfehlte Wirtschaftspolitik", sagt Karsten Smid, Greenpeace-
Energieexperte. "Die Milliarden fehlen für eine sinnvolle Sozial- und
Klimaschutzpolitik. Und die Geldgeschenke machen den Betrieb von
besonders klimaschädlichen Kohlekraftwerken und sogar den Neubau
solcher Dreckschleudern attraktiv." Bei einem Zertifikatpreis von 20
Euro pro Tonne des Klimagases Kohlendioxid ist das ein Geschenk an
die Energiewirtschaft von insgesamt zehn Milliarden Euro. Damit
erhält die Wirtschaft das Recht, Treibhausgase in die Luft zu blasen.
Am Montag, 19. Juni, wird der SPD-Parteirat, der den
Bundesvorstand berät, sich mit dem Thema befassen, bevor
voraussichtlich am 28. Juni im Kabinett die Entscheidung über die
Versteigerung von Emissionzertifikaten fällt. Die Zeit drängt. Daher
hat Greenpeace in der vergangenen Woche auf einer Tour
SPD-Landesverbände um ihre Meinung gebeten. Die SPD-Landesverbände
Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg und Hessen haben sich
eindeutig für eine Versteigerung der Verschmutzungsrechte
ausgesprochen. Alle fünf Länder widersprechen damit Umweltminister
Sigmar Gabriel. Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und
Niedersachsen haben sich noch nicht festgelegt. Nur der
SPD-Landesverband in Nordrhein-Westfalen, wo der Energiekonzern RWE
seinen Sitz hat, spricht sich vehement gegen eine Versteigerung aus.
Die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) profitieren am
meisten von der Zuteilung.
Karsten Smid setzt auf die SPD-Landesverbände: "Die Länder sorgen
für ein Umdenken innerhalb der SPD. Das ist eine positive
Entwicklung. Jetzt hängt alles an der Parteiratsitzung der SPD am
Montag." Bisher wird die Frage der Verteilung von
Verschmutzungsrechten von der SPD Nordrhein-Westfalen bestimmt Die
spricht sich für ein Verschenken der Zertifikate aus, weil
Kohlekraftwerke dringend auf die Verschmutzungsrechte angewiesen
sind.
Auch führende Umweltökonomen und sowie der renommierte
Sachverständigenrat für Umweltfragen sprechen sich für eine
Versteigerung der Zertifikate aus. Nach geltendem EU-Recht ist es
möglich, zehn Prozent der auszugebenden Zertifikate im nächsten
Handelszeitraum 2008 bis 2012 zu versteigern. Die Versteigerung wäre
nach Greenpeace-Meinung ein erster Schritt in Richtung sozialer
Verantwortung, auch wenn 90 Prozent weiter kostenlos zugeteilt
würden.
Quelle: Pressemitteilung Greenpeace e.V.