CDU schlittert in Finanzskandal
Archivmeldung vom 24.01.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDer rheinland-pfälzischen CDU droht eine Partei-Finanzierungs-Affäre, die auch die Bundespartei in Bedrängnis bringen könnte. Der Landesrechnungshof prüft derzeit eine Vielzahl von Dokumenten, die auch der Frankfurter Rundschau vorliegen und ungeklärte Zahlungen der CDU-Fraktion im Landeswahlkampf 2006 betreffen.
Demnach zahlte die CDU-Fraktion insgesamt 385.918 Euro an die
Beratungsagentur C4 - obwohl die Agentur vor allem ein Wahlkampfkonzept
für den Spitzenkandidaten der Partei, Christoph Böhr, entwickelte. Das
Fraktionsgesetz verbietet eine Verwendung von Fraktionsgeld für
Parteiaufgaben. Sollte die finanziell klamme CDU Rheinland-Pfalz den
Betrag zurückzahlen müssen, kämen auf die Bundes-CDU große Lasten zu.
Auch Strafverfahren wegen Untreue drohen der CDU, wenn der Rechnungshof
eine Zweckentfremdung des Geldes feststellen sollte.
"Es gibt in der Tat ein Problem bei der Dokumentation der Leistungen,
die C4 erbracht hat", sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Göbel
auf . "Da sind wir in der Beweispflicht - das ist unser
Problem." Es gebe große Lücken in der Nachvollziehbarkeit der
Leistungen. "Dass hier geschlampt worden ist, liegt auf der Hand",
sagte Göbel. "Da war manches nicht ganz ordnungsgemäß." Man habe alle
Fragen des Rechnungshofs beantwortet und warte jetzt auf das Ergebnis,
das nach FR-Informationen frühestens im März vorliegen wird.
Anhaltspunkte für eine illegale Parteifinanzierung habe man aber nicht,
sagte Göbel.Doch
zahlreiche Dokumente, der der FR vorliegen, werfen zumindest
schwerwiegende Fragen auf: So schrieb der ehemalige Generalsekretär der
Landes-CDU, Claudius Schlummberger, am 21. Februar 2005 an den
Spitzenkandidaten Böhr, die Partei sei überschuldet: "Wir haben zur
Zeit noch ein ungetilgtes Bankdarlehen von rund 500.000 Euro…", dass
man "wegen eines von uns zu tragenden Bußgelds" von 115.000 Euro vor
dem Wahlkampf nicht tilgen könne. Die Sparkasse habe auf das Ansinnen,
den Kreditrahmen der CDU zu erweitern "ablehnend reagiert". Fazit des
Generalsekretärs: Das Beratungsangebot der Firma C4 sei deswegen "nicht
einmal ansatzweise aufzubringen". Allein die Honorare würden "bis zum
Jahresende rund 50 Prozent des gesamten Wahlkampfetats verzehren!!!",
warnt Schlummberger - und setzt drei dringliche Ausrufezeichen.
Dennoch fließen am Ende rund 400.000 Euro an die Firma - größtenteils
aus Fraktionsmitteln. Die sichtbaren Ergebnisse der Beratungsarbeit
haben aber mit parlamentarischer Arbeit herzlich wenig zu tun.
"Wahlsieg 2006" heißt etwa ein Konzept, das die Firma C4 im Auftrag der
CDU erstellte: Die Stärken und Schwächen des Spitzenpolitikers Böhr
werden darin analysiert ("kein volksnaher Wahlkämpfer", "neigt zu
pastoralem Tonfall") und eine ausgefeilte Wahlkampfstrategie erstellt
für Werbung und Veranstaltungen ("private Hobbys werden in den
Mittelpunkt des Interesses gerückt"). Von der Rolle seiner Frau
("erklärt vermeintliche Defizite") bis zu Böhrs Katzen ("Schlagen
Brücke zu Millionen tierliebenden Menschen") ließen die Berater für den
Wahlkampf gar nichts ungeplant.
Das Problem: Mit Parlamentsarbeit im Sinne des Gesetzes hat dies alles
nichts zu tun. Das sagt auch der ehemalige Fraktionsgeschäftsführer
Markus Hebgen, der sich damit selbst zwar schwer belastet, aber wegen
diverser anderer Zwistigkeiten mit der Partei auch nicht mehr viel zu
verlieren hat.
Hebgens Anwalt, Thomas Spintig, fasst zusammen, was der CDU bald zum
Verhängnis werden könnte: "Mein Mandant hält an seiner Darstellung
fest, dass es für die Zahlungen der CDU-Fraktion Rheinland-Pfalz an die
Firma C4 keinerlei Grundlage gab, weil Arbeiten von C4 für die Fraktion
in diesem Umfang nie erbracht worden sind." Die Zahlungen stünden in
"keinem sachlichen Zusammenhang" mit der Fraktionsarbeit. Die
Staatsanwaltschaft Mainz, die schon gegen Hebgen ermittelt, wartet
jetzt das Ergebnis des Rechnungshofs ab. Dann könnte es eng werden für
die CDU.