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Glos tritt nach: Merkel hat mich ignoriert

Archivmeldung vom 11.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Der frühere Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat nach seinem Rücktritt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgerechnet. Die CDU-Chefin habe ihn in der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht eingebunden und SPD-Finanzminister Peer Steinbrück bevorzugt.

Der frühere Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat nach seinem Rücktritt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgerechnet. Die CDU-Chefin habe ihn in der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht eingebunden und SPD-Finanzminister Peer Steinbrück bevorzugt.

Dies beklagte Glos in einer Sitzung der CSU- Landesgruppe in Berlin nach Teilnehmerangaben. Bundespräsident Horst Köhler ernannte den 37-jährigen Karl-Theodor zu Guttenberg am Dienstag zum neuen Ressortchef. Er ist der bisher jüngste Bundeswirtschaftsminister. Glos erhielt seine Entlassungspapiere.

Glos soll nach Informationen des «Münchner Merkur» (Mittwoch) am Montagabend über Merkel gesagt haben: «Sie hat immer geglaubt, ich hätte von vielen Dingen keine Ahnung. Stattdessen hängt sie an den Lippen von Finanzminister Steinbrück, der sich jeden Satz aufschreiben lassen muss.» Merkel habe in der Union Zweifel an seiner Eignung als Wirtschaftsminister genährt. Vor allem in der CDU sei der Eindruck vermittelt worden, «er sei zu dumm, einen Vermerk zu lesen». Das Bundeswirtschaftsministerium wies die Darstellung der Zeitung zurück.

Die Kanzlerin war nach Angaben von CSU-Chef Horst Seehofer maßgeblich an der Entscheidung für den neuen Wirtschaftsminister beteiligt. Seehofer sagte am Dienstag in Berlin, dass «die Kanzlerin deutlich prägender im Prozess am Sonntag und Samstagnacht mitgewirkt hat, als dies analytisch erfasst wurde». Die Entscheidung sei «in engster Abstimmung» mit ihr erfolgt. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn hatte die Richtlinienkompetenz Merkels angezweifelt. Der Bundestag debattiert an diesem Mittwoch in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Grünen darüber.

Seehofer wies den Vorwurf mangelnder Solidarität mit Glos auch aus seiner Partei zurück. «Was die Unterstützung von Michael Glos betrifft, kann ich einen Fehler nicht erkennen.» Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) sagte der «Süddeutschen Zeitung», Glos «hätte mehr Unterstützung von allen Beteiligten verdient» gehabt. Der ehemalige Staatskanzleichef Eberhard Sinner warf Seehofer vor, er sei «nicht optimal in der Menschenführung».

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer verteidigte das Vorgehen. «Ich würde das und wir würden das in allen Punkten wieder haargenau so machen.» Er sieht mangelnde Solidarität mit Glos als einen Grund für den Rücktritt. Glos sei «häufig angerempelt worden» und habe «von mancher Seite nicht die Solidarität erfahren», die nötig gewesen sei, sagte Ramsauer, ohne Namen zu nennen. SPD-Fraktionschef Peter Struck nannte den Amtswechsel «ein Stück aus dem Tollhaus». Die Parteifreunde hätten Glos daran gehindert, dass er sein Amt mit Freude hätte ausüben können.

Der neue Wirtschaftsminister sprach sich für eine grundlegende Steuerreform in der nächsten Wahlperiode nach 2009 aus. Die «kalte Progression», bei der Lohnzuwächse durch höhere Steuern größtenteils aufgezehrt werden, müsse rasch gedämpft werden. Als anstehende Aufgaben nannte Guttenberg die Rettung der angeschlagenen Bank Hypo Real Estate (HRE). Hierbei solle es Gespräche mit dem US-Großaktionär Christopher Flowers geben. Der hoch verschuldete Autozulieferer Schaeffler müsse seine Hausaufgaben machen und ein Konzept vorlegen, bis über mögliche Hilfen gesprochen werde.

Die Union verfügt nach Ansicht von Guttenberg über ein «ausreichendes wirtschaftspolitisches Profil». Dies werde die Union im Wahlkampf deutlich machen. Der CDU-Finanzexperte Otto Bernhardt bemängelte eine fehlende Wirtschaftskompetenz der Union. Guttenberg habe sich bisher vor allem als Außenpolitiker profiliert. «Uns fehlen die jungen Politiker mit wirtschaftspolitischer Ausstrahlung, wie sie ein Friedrich Merz hat.» Seehofer verteidigte die Entscheidung. Guttenberg habe die «allerbesten Voraussetzungen».

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