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Opel-Treffen im Kanzleramt

Archivmeldung vom 06.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Kommt nun Bewegung in die Situation bei Opel? Für Freitag jedenfalls ist ein hochrangig besetztes Treffen im Kanzleramt angesetzt. Und auch die EU-Länder mit Standorten des angeschlagenen Konzerns haben sich auf ein Sondertreffen geeinigt - wenn auch noch ohne Termin.

Bei dem Treffen im Kanzleramt wird der Präsident von General Motors Europa, Carl-Peter Forster, mit Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen sprechen, wie aus dem Kanzleramt heute bekannt wurde. Forster werde vom stellvertretenden GM-Vorstandschef Frederick Henderson und Opel-Chef Hans Demant begleitet.

Für die Bundesregierung sitzt außerdem Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen mit am Tisch. Die Spitzen der Großen Koalition hatten zuletzt heute einerseits weiterhin ihre Hilfsbereitschaft für den angeschlagenen Autobauer bekundet. Zugleich bezeichneten sie aber das von Opel vorgelegte Konzept als weiterhin unzureichend.

Die EU-Länder mit Standorten des angeschlagenen Opel-Mutterkonzerns General Motors haben sich auf ein Sondertreffen zum Austausch von Informationen geeinigt. Einige Länder beklagten, nicht ausreichend vom US-Konzern informiert zu werden, sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg heute nach einen EU-Ratstreffen in Brüssel. Ort und Termin der Zusammenkunft stehen noch nicht fest. GM hat europäische Werke in Deutschland, Polen, Großbritannien, Belgien, Portugal, Schweden und Spanien.

Denn selbst mit seinem 180 Seiten dicken und bisher geheim gehaltenen Sanierungskonzept hat der schwer ins Schlingern geratene Autobauer bisher nicht für Klarheit gesorgt. Das hat jetzt auch der Kanzlerin gereicht. Genervt griff Angela Merkel heute zum Telefonhörer und machte dem Management von Opel und dem Europa-Ableger des US-Mutterkonzerns General Motors (GM) unmissverständlich klar, dass die Bundesregierung mehr erwarte als die bisher sehr vagen Pläne und Wunschlisten aus Rüsselsheim und Detroit.

Erst, wenn fest steht, was der selbst ums Überleben kämpfende Mutterkonzern will und kann und in welche Richtung die US-Regierung steuert, dürfte auch das Opel-Konzept klarer werden. Zumal eine Insolvenz von GM weiter nicht ausgeschlossen ist. Mitte März reist Wirtschaftsminister Karl- Theodor zu Guttenberg in die USA. Er hofft auf mehr Angaben aus der GM-Zentrale in Detroit und von der Washingtoner Regierung.

In Berlin ist die Verärgerung vor allem darüber groß, dass der Plan bisher eher nach einer Blaupause aus Detroit ausschaut und «zu viel GM und zu wenig Opel» enthält. Schon das erste Krisentreffen zwischen Bundesregierung und Opel-Management im November war ernüchternd. Der Politik wurde bewusst, wie eng Opel in den 80 Jahren seiner GM-Zugehörigkeit mit dem amerikanischen Mutterkonzern verflochten ist. Nicht einmal ein eigenes Konto hat der deutsche Ableger mit dem Blitz im Firmenlogo. Unbegründet ist die Sorge also nicht, dass Staatshilfen auf Nimmerwiedersehen versickern könnten.

Offen ist, ob der am Staatstropf hängende Mutterkonzern einer weitgehend eigenständigen Opel-Europa-Gesellschaft drei Milliarden Euro über den Atlantik schiebt. Rätselraten auch über Art und Umfang der Staatshilfen - Kredite, Bürgschaften oder eine Staatsbeteiligung. Im November gab sich GM-Europachef Carl-Peter Foster noch entspannt. Opel sei flüssig und benötige nur im «schlimmsten Fall» eine Bürgschaft von etwas mehr als einer Milliarde. Hektik machte der Hobby-Segler damals allenfalls bei der Regierung in Berlin aus.

Bald war von 1,8 Milliarden Euro die Rede - jetzt werden europaweit 3,3 Milliarden Euro aus staatlicher Hand gefordert, wobei der Löwenanteil natürlich auf Deutschland entfällt. Vor einer Bürgschaft muss es zunächst auch Banken geben, die mitziehen. Privatinvestoren sind ebenfalls nicht in Sicht. Täglich geistern auch andere Zahlen über einen Stellenabbau durch die Öffentlichkeit: 3500 sollen es nach Opel-Angaben in Deutschland sein. Immer wieder fallen auch Zahlen wie 7600 oder 9000 Stellen. Fest steht, dass die «Opelaner» 1,2 Milliarden «Strukturkostenreduzierung» beisteuern sollen. Bei einer Opel-Insolvenz, droht Forster zusammen mit Gewerkschaftern, stünden 300.000 Jobs in Europa und 100.000 in Deutschland auf dem Spiel.

«Desaströs» sei das Vorgehen Opels, heißt es hinter vorgehaltener Regierungshand. Doch die große Koalition selbst hatte zunächst den Beschäftigten den Eindruck vermittelt, der Staat werde helfen - die Frage sei nur wie und in welchem Umfang. Mancher Politiker machte Opel - gern unter Hinweis auf die Steuerzahler-Milliarden für marode Banken - mal eben zu einem «systemrelevanten» Unternehmen. Einem Konzern also, dessen Aus eine ganze Branche in den Abgrund reißen und schwere Schäden in der gesamten Volkswirtschaft anrichten könnte. Andere meinen, Größe allein sei kein Kriterium für staatliche Hilfe. Die Differenzen gehen quer durch die Koalition von Union und SPD.

Den Vorwurf, nichts zu tun, Zeit zu schinden und den «Schwarzen Peter» nur an Opel weiter zugeben, muss sich das Regierungsbündnis in Berlin wohl kaum machen lassen. Merkel dämpfte aber auf ihre Art die Hoffnungen in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern. Sie ließ durchblicken, dass Opel mit keiner Sonderbehandlung rechnen und sich wie andere Unternehmen um Hilfen aus dem 100-Milliarden-Fonds bewerben könne. Produktionsunternehmen wie Opel seien im Gegensatz zu Banken nicht «systemrelevant».

Die Kernfrage bleibt in den nächsten Wochen: Sollen Steuerzahler für Management-Fehler aufkommen. Schließlich trägt GM Schuld am Niedergang Opels. Klar ist, dass am Ende politisch entschieden wird. Die Koalition will sich jetzt selbst in die Entwicklung eines tragfähiges Konzeptes einschalten. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer brachte es auf den Punkt: «So kann es nicht weitergehen.»

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