Verkehrsunternehmen wollen 69-Euro-Flatrate für ÖPNV
Archivmeldung vom 14.07.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) fordert einen Tarif von 69 Euro im Monat für den Regional- und Stadtverkehr im Anschluss an das Neun-Euro-Ticket in ganz Deutschland. "Das muss schnell entschieden werden, wir können nicht bis zum Herbst warten", sagte der VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Donnerstag in Berlin.
Dafür bekam er Unterstützung von der Grünen-Chefin Ricarda Lang. "Über das Modell werden wir in der Koalition beraten, klar ist aber: Es braucht eine Anschlussregelung, die wie vom Bundesverkehrsminister vorgeschlagen möglichst bundeseinheitlich gilt und dabei günstig ist, also auch sozial", sagte Lang der FAZ. Politisch schafft eine solch schnelle Regelung eine große Herausforderung, weil zunächst die Finanzierung gesichert werden muss. Bisher war Konsens, dass die drastische Reduzierung des ÖPNV-Preises auf neun Euro im Monat nach drei Monaten Ende August ausläuft.
Sie ist Teildes ersten Entlastungspakets der Bundesregierung in Reaktion auf den Ukrainekrieg und trifft in der Bevölkerung auf große Zustimmung: Mehr als 31 Millionen neue Nutzer und Abonnenten haben allein im Juni von dem billigen Tarif profitiert.
Die Kosten für ein 69-Euro-Ticket schätzt der VDV nach Angaben der FAZ auf etwa zwei Milliarden Euro im Jahr. Sie lägen damit unter den 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern als Ausgleich für die entgangenen Ticketeinnahmen in den drei Monaten des Neun-Euro-Tickets überweist. Zur Finanzierung brachte Wolff die Idee eines weiteren Sondervermögens wie für die Bundeswehr ins Spiel. In jedem Fall aber wäre für eine Nachfolgeregelung eine Gesetzesänderung noch in der parlamentarischen Sommerpause notwendig.
Bisher ist geplant, dass der Bundestag erst wieder am 6. September zusammentritt, aber womöglich müssen die Abgeordneten ohnehin zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Grünen-Chefin stellte gegenüber der Zeitung klar, dass sie sich noch nicht auf ein konkretes Modell festlegen möchte. Derzeit kursieren mehrere Vorschläge, allerdings scheint ausgeschlossen, dass das 9-Euro-Ticket einfach verlängert wird. Die Verbraucherzentralen wollen ein Ticket für 29 Euro im Monat.
"Wir stehen vor der Aufgabe, zwei Ziele gleichzeitig erreichen zu müssen", sagte Lang. "Wir wollen ein günstiges Ticket und gleichzeitig die Qualität des Angebots verbessern, das heißt in die Infrastruktur investieren." Demgegenüber mahnte der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, dass die Politik nicht den Eindruck vermitteln dürfe, "dass die Party einfach weitergehe".
Er sagte der FAZ: "Wir erleben nicht nur eine Zeitenwende, sondern einen regelrechten Bruch." Lewe fürchtet, dass bei weiter steigenden Energie- und Personalkosten bald ein ganz anderes Thema dominieren werde: "Meine Sorge ist, dass die Verkehrsunternehmen ihre Leistungen ausdünnen werden", warnte der Oberbürgermeister von Münster. "Dann haben wir den ÖPNV noch drei Monate genießen können, aber das war es dann auch." Lewe forderte, dass der Bund seine Regionalisierungsmittel in den nächsten Jahren von derzeit rund 10 Milliarden Euro noch einmal deutlich aufstocken müsse, damit das Angebot nicht nur erhalten, sondern längerfristig auch ausgebaut werden könne.
Quelle: dts Nachrichtenagentur