FDP-Thiele attackiert Erbschaftssteuermodell
Archivmeldung vom 16.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie geplante reformierte Erbschaftssteuer der großen Koalition nötigt den Bürgern "Verwandtschaften nach Steuerrecht" auf.
Für den stellvertretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden
im Bundestag und Finanzexperten seiner Partei, Carl-Ludwig Thiele,
würde die große Koalition mit den vorgesehenen "niedrigen
Freibeträgen und exorbitant hohen Steuersätzen in den Steuerklassen
II und III Steuerpflichtige zu Gestaltungen in Zivilrecht" nötigen,
beklagte Thiele im Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung".
Aufgrund der hohen Freibeträge und des Tarifs in Steuerklasse I
"erzwingt das neue Erbschaftssteuerrecht Ehen, eingetragene
Lebenspartnerschaften und Adoptionen". Der Steuerdschungel sei
bereits völlig undurchschaubar. "Der vorläufige Höhepunkt ist jetzt
aber, dass die große Koalition Anreize dafür gibt, privateste
Lebensentscheidungen nach steuerlichen Notwendigkeiten auszurichten."
Entsprechend der Koalitionsverabredungen sollen zukünftig nächste
Verwandte als Erben steuerlich deutlich bevorzugt, entfernte oder
nicht verwandte Erben sollen dagegen erheblich schlechter als bisher
gestellt werden. Ehepartner können mit Freibeträgen von 500 000 Euro
(bisher 307 000) rechnen, Kinder und Adoptierte mit 400 000 Euro (207
000), Enkelkinder mit 200 000 Euro (51 000). Wer in Steuerklasse III
sei, sollte jemanden finden, der ihn adoptiere, hatte vergangene
Woche selbst Bundesfinanzminister Peer Steinbrück geraten.
Thiele wies darauf hin, dass adoptierte Kinder unter anderem ihre
Erb- und Pflichtteilsrechte gegenüber den leiblichen Eltern
verlieren. Anders sei dies bei Adoptionen von Volljährigen. "Laut BGB
bleiben in solchen Fällen auch Erbansprüche zur leiblichen
Verwandtschaft erhalten, hinzu kommen neue bei der
Adoptivverwandtschaft." Thiele zeigte sich überrascht, dass offenbar
der Staat solche "Erbschafts-Kumulationen" anstrebe. Es stelle sich
die Frage, ob "der Steuerspartrieb stärker ist als der
Fortpflanzungstrieb".
Lebenspartner müssen zukünftig im Erbfall den Betrag, der über den Freibetrag hinausgeht, zum gleichen Steuersatz versteuern wie entfernte Verwandte. Die Vererbung von Betriebsvermögen soll größtenteils steuerfrei bleiben, wenn ein Großteil der betrieblichen Arbeitsplätze über zehn Jahre hinweg erhalten bleibt und das Betriebsvermögen mindestens 15 Jahre lang weitergeführt wird.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung