Gabriel: Fokussierung der Industrienationen auf Atomkraft ist "keine intelligente Sicherheitspolitik"
Archivmeldung vom 29.07.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlBundesumweltminister Sigmar Gabriel hält die Fokussierung einzelner G8-Staaten auf die Atomkraft für "sehr gefährlich". Wenn die führenden Industrienationen der Welt erklärten, dass die Atomenergie einen Weg aus der Energiekrise biete, dann würden viele andere Staaten zu Recht Anspruch auf diese Form der Energienutzung erheben, sagte der SPD-Politiker im Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag".
"Dadurch verbreitet sich weltweit die
Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen, und das kann nicht das Ziel einer
intelligenten Sicherheitspolitik sein", sagte Gabriel. Wenn Russland,
die USA und Großbritannien eine Debatte über die Rückkehr zur
Atomkraft beförderten, werde das "einen hohen Preis kosten". Durch
die Atomenergie würden diese Länder "nur kurzfristig eine scheinbare
Sicherheit gewinnen und den Aufbau einer zukunftsfähigen
Energieversorgung verzögern". Gabriel sagte, er sei "sehr froh", dass
Bundeskanzlerin Merkel beim letzten G8-Gipfel in Sankt Petersburg
durchgesetzt habe, "dass es kein einseitiges Signal pro Atomkraft
gegeben hat".
"Keine Verlängerung der Laufzeiten"
Gabriel sprach sich gegen eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke aus. "Ich glaube, dass mit einer Verlängerung der Laufzeiten der Atomausstieg ausgehebelt werden soll, den die Wirtschaft selbst unterschrieben hat", sagte der Minister. Weil es hier um so viel Geld und Marktmacht gehe, würden die vier großen Stromkonzerne die Gelegenheit nutzen, nach Ablauf der Verlängerungszeit die nächste Verlängerung zu fordern. "Sie hoffen, dass bei den nächsten Wahlen eine parlamentarische Mehrheit für die Atomenergie zu Stande kommt", sagte Gabriel. Über die Frage, ob man die Atomenergie weiter nutze, werde in Deutschland alle vier Jahre neu entschieden, solange die Union ihre Meinung nicht ändere. "Das ist so, da mache ich mir keine Illusionen", sagte Gabriel.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel