Polizeiexperte kritisiert verdeckte Ermittler bei G20-Gipfel
Archivmeldung vom 23.05.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Polizeiexperte Thomas Feltes hat den Einsatz verdeckter Ermittler während des G20-Gipfels in Hamburg kritisiert. Verdeckte Ermittler seien ein wichtiges Mittel im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität, sagte Feltes in den Hamburg-Seiten der "Zeit". Bei leichter Kriminalität halte er es aber nicht für zulässig. Gerade bei Demonstrationen müssten "besondere Hürden" gelten. Berichten diverser Medien zufolge hatten sich verdeckte Ermittler bei der "Welcome to Hell"-Demonstration während des G20-Gipfels im Sommer 2017 unter den schwarzen Block gemischt.
Die Beamten sollen sich sogar vermummt und damit möglicherweise strafbar gemacht haben. Feltes kritisierte das Vorgehen. "Es ist ein großes Problem, wenn verdeckte Ermittler als Agents Provocateurs selbst Straftaten begehen oder sie mit ermöglichen", sagte er. "Deshalb sollte die verdeckte Ermittlungsstrategie nur angewendet werden, wenn es keine Alternative gibt." Feltes kritisierte zudem die interne Ermittlung der Polizei nach dem G20-Gipfel. Der Kriminologe hält die Aufklärungsarbeit des zuständigen Dezernats für unzureichend. Das Problem sei, dass Polizisten gegen eigene Kollegen ermitteln müssten und das sei "ein absolutes No-Go", so Feltes.
Die Polizei gehe bei Verfahren gegen Kollegen offenbar "nicht mit der gleichen Intensität zu Werke" wie bei Ermittlungen gegen angeklagte Demonstranten. Bislang ist kein einziger Polizist wegen eines Vergehens während des G20-Gipfels belangt worden. Laut Polizei sind noch 155 Verfahren gegen Polizeibeamte offen, 52 wurden bereits eingestellt. Feltes gehört zu den renommiertesten Polizeiexperten Deutschlands. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität in Bochum. Zuvor war der Jurist zehn Jahre lang Rektor einer Polizeihochschule.
Quelle: dts Nachrichtenagentur