Verteidigungsausschuss sieht Missstände im Sanitätsdienst der Bundeswehr
Archivmeldung vom 28.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Verteidigungsausschuss des Bundestages befasst sich mit offenbar schweren Missständen im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Anlass sind Berichte von NDR Info, wonach es sowohl bei Einsätzen im Ausland als auch bei Operationen im Inland zu bedrohlichen Engpässen kommt.
Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses,
Thomas Kossendey, bestätigte: "Die intensive Beanspruchung durch die
Auslandseinsätze führt dazu, dass wir im Sanitätsdienst im Heimatland
häufig Engpässe erleben". Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus
Niedersachsen will aber sichergestellt sehen, "dass die Soldaten in
Deutschland medizinisch bestmöglich versorgt werden und genügend
Personal ausgebildet wird, das diese Versorgung auch übernehmen
kann". Hier sei ein kritischer Blick darauf zu werfen, ob das zur
Zeit so gelingt "wie wir uns das politisch wünschen", so Kossendey.
Er kündigte dazu eine extra Sitzung des Verteidigungsausschusses an,
"um die Missstände ausführlich mit den Verantwortlichen im
Ministerium zu besprechen".
Auch die rheinland-pfälzische FDP-Bundestagsabgeordnete im
Verteidigungsausschuss, Elke Hoff, verlangt eine schnelle und
umfassende Aufklärung seitens der Bundesregierung. Nach ihren Worten
haben Vertreter des Sanitätsführungs-Kommandos in Koblenz die Lage
als so dramatisch geschildert, dass die Einsätzfähigkeit sowohl im
Heimatland als auch im Ausland gefährdet sei.
Zuvor hatten mehrere Offiziere auf NDR Info beklagt, der
Sanitätsdienst der Bundeswehr sei am Ende seiner Belastungsgrenze
angelangt. Der Vorsitzende des Forums der Sanitäts-Offiziere,
Oberarzt Wolfgang Petersen vom Bundeswehr-Zentralkrankenhaus in
Koblenz, gab an, dass in den Kliniken teilweise die Operationssäle
nicht mehr besetzt werden könnten, weil zu viele Mediziner im
Auslandseinsatz seien. Im Ausland hat die Bundeswehr seinen Aussagen
zufolge dennoch zu wenig ausgebildetes Personal vor Ort. Petersen
berichtete, dass ihm bei Operationen im Kosovo-Einsatz sogar eine
Bäckergesellin assistieren musste. Auch Notärzte im Auslandseinsatz
seien häufig zu schlecht geschult.
Das Bundesverteidigungsministerium erklärte dazu in einer Stellungnahme, die Strukturen in den Bundeswehrkrankenhäusern würden zur Zeit optimiert. Ministeriumssprecher Harald Kammerbauer: "Die erforderliche Personalaufstockung und Weiterbildung von Sanitätspersonal werde wesentlich bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein." CDU-Verteidigungsexperte Kossendey reagierte auf diese Äußerung empört: "Ein solch langer Zeitraum ist unakzeptabel".
Quelle: Pressemitteilung NDR