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Ärztepräsident hält Corona-Beschlüsse für unzureichend

Archivmeldung vom 03.12.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.12.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Klaus Reinhardt (2021)
Klaus Reinhardt (2021)

Bild: Bundesärztekammer/Die Hoffotografen

Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die Beschlüsse des Corona-Gipfels als unzureichend kritisiert. "Um das Gesundheitswesen vor Überlastung zu schützen, wären aus unserer Sicht noch weitergehende Maßnahmen notwendig", sagte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Reinhardt  weiter: "Für Geimpfte und Genesene sollte bundesweit und obligatorisch in Bars, Restaurants sowie für Sportaktivitäten und Kulturveranstaltungen in Innenräumen die 2Gplus-Regelung gelten, also geimpft, genesen und getestet." Vor allem müsse die Einhaltung der Zutrittsvoraussetzungen strikt kontrolliert und deren Missachtung verbindlich sanktioniert werden.

Auch die Zuschauerbegrenzung etwa für Fußballspiele auf maximal 15.000 reicht Reinhardt nicht: "Großveranstaltungen auch im Freien sollten entweder ganz untersagt oder nur ohne Zuschauerbeteiligung erlaubt werden", plädierte der BÄK-Präsident für "Geisterspiele". Im Bund-Länder-Beschlusspapier wird dies den Ländern zwar ermöglicht, aber nicht vorgeschrieben.

Die Corona-Lage sei weiter sehr kritisch. "In der gegenwärtigen Lage kann man nicht ausschließen, dass die hohe Zahl positiver Corona-Nachweise das Erfassungs- und Meldesystem ans Limit bringt. Ich sehe deshalb trotz des leichten Rückgangs der Inzidenzzahl keinen Grund zur Entspannung, zumal die Spitzenbelastung der Intensivstationen mit zeitlicher Verzögerung für Ende Dezember bis Mitte Januar erwartet wird", sagte Reinhardt der NOZ. "Wir müssen also jetzt gegensteuern, und da ist ein Lockdown für Ungeimpfte leider unvermeidbar."

Kritisch sieht der Ärztepräsident auch den Beschluss, Apotheker und Pflegekräfte impfen zu lassen. "Einerseits müssen wir die Impfkampagne in Deutschland dringend beschleunigen, andererseits muss natürlich auch die Sicherheit der zu Impfenden gewährleistet sein. Bei der konkreten Ausgestaltung des heutigen Beschlusses plädiere ich deshalb dafür, dass Ärztinnen und Ärzte nur dann von anderen Berufsgruppen aus dem Gesundheitswesen in der Impfkampagne unterstützt werden, wenn dadurch wirklich mehr Menschen geimpft werden können." Dies sollte nur in Impfzentren unter ärztlicher Aufsicht umgesetzt werden; ärztliche Hilfe müsse jederzeit gewährleistet sein.

Ob das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten zu erreichen sei, ist aus Sicht Reinhardts fraglich: "Voraussetzung ist, dass der Bund die angekündigten Impfstoffmengen tatsächlich zur Verfügung stellt und die Dosen dann auch wirklich in den Ländern ankommen. Im Moment haben wir da noch große Defizite." Er erwarte, dass der neue Corona-Krisenstab unter Führung von General Breuer die Logistik nun endlich in den Griff bekomme. "Nichts ist schädlicher für die Impfkampagne, als wenn Impfwillige wegen fehlender Impfstoffe keine Termine bekommen oder stundenlang in den Impfzentren anstehen müssen. Das sorgt für Frust und schreckt andere potenziell Impfwillige ab."

Den Beschluss zur schnellstmöglichen Einführung einer Impfpflicht begrüßte der Ärztepräsident: "Wir hätten alle lieber auf eine allgemeine Impfpflicht verzichtet. Mittlerweile sehen wir aber, dass sie das einzige Mittel ist, um aus der Lockdown-Endlosschleife herauszukommen. Ich finde es richtig, dass der Gesetzgeber dabei den Deutschen Ethikrat einbezieht. Das schafft in der Bevölkerung Vertrauen und erhöht die Akzeptanz eines solch weitreichenden Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Menschen." Wichtig sei: "Wir sprechen von einer Impfpflicht, nicht von einem Impfzwang. Niemand darf zwangsgeimpft werden", betonte Reinhardt. "Wer der Impfpflicht nicht nachkommt, muss aber mit spürbaren Restriktionen bei der Teilnahme am öffentlichen und gewerblichen Leben rechnen."

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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