FDP und Grüne wollen mit bilateralen Treffen beginnen
Archivmeldung vom 02.10.2017
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Freigeschaltet durch André OttFDP und Grüne haben einen gemeinsamen Fahrplan für die Jamaika-Verhandlungen: Sie wollen zuerst bilaterale Gespräche führen, bevor sich alle vier beteiligten Parteien gemeinsam treffen. Protest kommt von der CSU.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner machte in "Bild am Sonntag" klar: "Wir legen Wert darauf, dass zunächst bilateral gesprochen wird. Also FDP und Union, FDP und Grüne, Union und Grüne. Das bedeutet, CDU und CSU müssen sich vorher auf eine Linie verständigen. Auch Jürgen Trittin und Winfried Kretschmann brauchen erst einmal eine gemeinsame Position."
Auch wenn FDP und Grüne bestreiten, dass es bereits Absprachen zwischen ihnen gegeben haben soll, fordert die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in "Bild am Sonntag" fast wortgleich einen identischen Verhandlungsfahrplan: "Wir wollen, dass es vor den offiziellen Sondierungsgesprächen jeweils bilaterale Treffen gibt. Dass sich also Grüne und FDP, Grüne und Union, FDP und Union treffen." Allerdings werde dort dann noch nichts Konkretes verhandelt. Das müsse am Tisch mit allen Beteiligten passieren. "Die Grünen werden keine Hinterzimmer-Deals mitmachen. Unser Land braucht transparente Verhandlungen, gerade in dieser ungewöhnlichen Konstellation", so Göring-Eckardt.
Die Planungen fürs erste Treffen laufen bereits. Göring-Eckardt: "Mit Lindner bereiten wir erste Gespräche vor." Der FDP-Chef hingegen macht sich über den Eifer der Ökopartei lustig: "Die Grünen wirken ungeduldig und wollen sich am liebsten sofort treffen. Ich empfehle, den Klärungsprozess in der Union abzuwarten." Scharfer Protest gegen die grün-gelben Verhandlungspläne kommt von der CSU. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu "Bild am Sonntag": "Vertrauensvolle Gespräche kann es nur geben, wenn alle vier Partner am Tisch sitzen. Das sollte man als Erstes vereinbaren. Wenn FDP und Grüne glauben, sie könnten in Zweierrunden schon mal Absprachen treffen oder Ministerposten verteilen, haben sie sich getäuscht."
Lindner nannte für eine Jamaika! -Koaliti on eine erste Voraussetzung: "Eine Trendwende bei der Belastung mit Steuern und Sozialabgaben ist eine Bedingung." Daneben sei für die FDP die Stärkung von Bildung und Digitalisierung wichtig. Lindner schlug vor, dass der Bund seine Aktien von Post, Telekom und Commerzbank schrittweise verkaufen könnte, um einen Zukunftsfonds für Glasfaser und Schulsanierung zu bilden. Göring-Eckardt reklamierte für ihre Partei das Themenfeld Arbeit und Soziales: "In einer Jamaika-Koalition würden die Grünen für mehr Gerechtigkeit sorgen, für gute Jobs und soziale Sicherheit." FDP, CSU und Grüne betonten allerdings auch die Schwierigkeiten eines solchen Bündnisses. CSU-Mann Dobrindt kritisiert vor allem die Grünen: "Jamaika wäre kein Projekt, sondern ein Experiment.
Ich hätte lieber eine bürgerliche Mehrheit von Union und FDP gehabt. Jetzt ist uns Tofu in die Fleischsuppe gefallen." Die Grünen müssten sich entscheiden, "ob sie mehr Kretschmann oder mehr Trittin sind, ob sie kompromissfähig sein wollen oder ideologisch verblendet". Wer sich am Ende durchsetze, sei völlig offen. Dobrindt rechnet mit harten Verhandlungen, die "bis weit ins nächste Jahr" gehen könnten. Lindner drohte der Union mit einem Scheitern der Verhandlungen: "CDU, SPD und Grüne waren vier Jahre kaum unterscheidbar. Die AfD wurde am rechten Rand stark, weil die vernünftige Mitte vernachlässigt wurde.
Diesen Platz werden wir neu besetzen. Wir könnten daher nicht in eine Regierung eintreten, in der Frau Merkel ihren schwarz-rot-grünen Mix einfach fortsetzt. In diesem Fall wäre unser Platz Opposition, um die Menschen nicht mit der nach links rückenden Nahles-SPD und der AfD allein zu lassen." Vorsichtiger formulierte Göring-Eckardt ihre Bedenken: "Allen muss klar sein, man kann nicht vier Jahre regieren, indem man sich einfach ein bisschen addiert und gegenseitig nicht wehtut. Es braucht schon einen gemeinsamen Kern." Die Jamaika-Koalition müsse sich darauf einigen, wie sie Deutschland voranbringen wolle. "Sonst geht es nicht", so Göring-Eckardt. "Man kann auch nach einem Jahr als Ministerin scheitern. Das wäre viel problematischer, als vorher zu sagen, dass es nicht geht."
Quelle: dts Nachrichtenagentur