ZDF-Politbarometer Mai 2006 - Vertrauen in Große Koalition zurückgegangen
Archivmeldung vom 20.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der politischen Stimmung verschlechtert sich die Union und kommt jetzt auf 43 Prozent (minus 4), während die SPD, nach Einbußen Ende April, auf 31 Prozent (plus 3) zulegen kann. Die FDP verbessert sich erneut und erreicht 10 Prozent (plus 3), die Linke.PDS liegt jetzt bei 5 Prozent (minus 1) und die Grünen bei 9 Prozent (plus 1).
Wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden
längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien eine
größere Rolle spielen. Dies berücksichtigt die Politbarometer-
Projektion: Die CDU/CSU käme danach auf 41 Prozent (minus 1) und die
SPD auf 32 Prozent (plus 1). Die FDP erhielte 9 Prozent (plus 1), die
Linke.PDS 7 Prozent (minus 1) und die Grünen 8 Prozent (plus 1). Auf
die sonstigen Parteien zusammen entfielen 3 Prozent (minus 1). Damit
hätte neben einer Großen Koalition auch ein Bündnis aus CDU/CSU und
FDP eine Mehrheit im Parlament.
Im Vergleich zum Beginn ihrer Regierungszeit ist das Vertrauen in
die Große Koalition, die anstehenden Probleme zu lösen,
zurückgegangen. So glauben jetzt 47 Prozent der Befragten, dass
Schwarz-Rot die wirtschaftlichen Probleme in den Griff bekommen
wird, die Hälfte (50 Prozent) zweifelt daran. Im November letzten
Jahres trauten dies der Großen Koalition noch 61 Prozent zu, 35
Prozent taten dies nicht.
Eine Verbesserung der finanziellen Lage
des Staates erwarten jetzt nur noch 36 Prozent (November 2005: 45
Prozent), eine Mehrheit von 60 Prozent (November 2005: 51 Prozent)
ist der Meinung, dass hier keine entscheidenden Impulse von der
Regierungskoalition kommen.
Die größte Ernüchterung hat sich beim
Thema Arbeitslosigkeit eingestellt: Nach 48 Prozent im November
erwarten jetzt nur noch 29 Prozent, dass die Regierung einen
wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt
leisten wird, 68 Prozent (November 2005: 50 Prozent) gehen nicht
davon aus.
Die Einschätzungen für die Bereiche Gesundheit und Rente
haben sich dagegen weniger stark verändert: 27 Prozent (November
2005: 33 Prozent) setzen beim Gesundheitssystem jetzt auf Konzepte
der Großen Koalition, 68 Prozent (November 2005: 63 Prozent) tun dies
nicht.
Bei der Sicherung der Renten vertraut ihr nur ein Fünftel (20
Prozent; November 2005: 24 Prozent), 77 Prozent setzen keine
Erwartungen in Schwarz-Rot (November 2005: 74 Prozent).
In der Frage, wer in der Großen Koalition die notwendigen Reformen
stärker anpackt, kann eine Mehrheit von 57 Prozent keinen
Unterschied zwischen Union und SPD ausmachen, für 25 Prozent stellt
eher die CDU/CSU, für 11 Prozent eher die SPD die treibende Kraft
dar, 7 Prozent äußern sich nicht.
Die von der Regierung zur Verbesserung der Finanzlage beschlossenen
Maßnahmen stoßen, mit Ausnahme der Reichensteuer, auf wenig
Zustimmung: So lehnen 78 Prozent die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab,
dafür sind nur 21 Prozent (weiß nicht: 1 Prozent).
Eine Kürzung der Pendlerpauschale befürworten ebenfalls nur 19
Prozent, 78 Prozent sind dagegen (weiß nicht: 3 Prozent) und die
Kürzung des Sparerfreibetrages finden lediglich 21 Prozent richtig,
aber 72 Prozent nicht richtig (weiß nicht: 7 Prozent). Im Gegensatz
dazu begrüßen 76 Prozent die Einführung einer Reichensteuer, 22
Prozent sprechen sich dagegen aus (weiß nicht: 2 Prozent).
Neu zu den zehn wichtigsten Politikern zählen nach Meinung der
Befragten Kurt Beck und Ursula von der Leyen, nicht mehr dazu
gehören Christian Wulff und Horst Seehofer. Auf Platz eins der Liste
liegt weiterhin Angela Merkel mit einem leicht verschlechterten
Durchschnittswert auf der +5/-5-Skala von 2,0 (April II: 2,2).
Danach kommen Kurt Beck mit 1,7 und Matthias Platzeck mit 1,6 (April
II: 1,8). Auf Platz vier folgt Frank-Walter Steinmeier mit 1,3
(April II: 1,4). Danach Peer Steinbrück, der sich mit 1,1 (April II:
1,4) verschlechtert hat und Wolfgang Schäuble, der mit 1,0 (April
II: 0,8) etwas besser bewertet wird. Franz Müntefering erhält
unverändert 0,7 und ebenfalls mit 0,7 steigt Ursula von der Leyen
ein. Auf Platz neun folgt Guido Westerwelle mit 0,0 (April II: minus
0,1) vor Edmund Stoiber, der mit unverändert minus 0,7 im
Negativbereich bleibt.
Mit 54 Prozent glaubt eine Mehrheit, dass es mit Kurt Beck an der
Spitze der SPD nicht zu einer Kursänderung der Partei kommen wird.
21 Prozent der Befragten erwarten, dass die SPD unter seiner Führung
eher einen Ruck nach links machen wird und 7 Prozent rechnen eher
mit einer Entwicklung nach rechts (weiß nicht: 18 Prozent). Diese
Einschätzung wird auch von den Anhängern der SPD geteilt.
Den Streik der Ärzte an Uni-Kliniken und Landeskrankenhäusern
unterstützt eine große Mehrheit und dies in allen
Parteianhängergruppen: 76 Prozent aller Befragten finden es richtig,
dass die Klinikärzte für bessere Arbeitsbedingungen und ein höheres
Gehalt streiken, 20 Prozent finden den Streik nicht richtig (weiß
nicht: 4 Prozent).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der
Zeit vom 16. bis 18. Mai 2006 bei 1.164 zufällig ausgewählten
Wahlberechtigten telefonisch durchgeführt. Die Befragung ist
repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz
Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7
Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte. Das nächste
Politbarometer gibt es am Freitag, 16. Juni 2006.
Quelle: Pressemitteilung ZDF