Bildungssenator Zöllner will sich nach 20 Jahren aus der Politik zurückziehen
Archivmeldung vom 25.05.2011
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Freigeschaltet durch Fabian PittichBerlins Bildungssenator Jürgen Zöllner will sich nach zwanzig Jahren aus der Politik zurückzuziehen. In einem Interview mit der "Zeit" (Donnerstagsausgabe) sagte der dienstälteste Kultusminister Deutschlands: "Ich werde nach der Wahl im September, wie sie auch ausgeht, nicht als Bildungssenator weitermachen." Als wichtigste Lehre aus zwei Jahrzehnten Bildungspolitik zog er die Erkenntnis, dass es ist nicht Aufgabe des Staates sei, "Eltern und Kinder zwangszubeglücken".
Gerade in der Bildung brauche Politik "die Akzeptanz der Betroffenen". Als großen Erfolg bezeichnete Zöllner, dass es gelungen sei, den fundamentalistischen Glaubenskampf über die richtige Schulform zu beenden. Mit der Zusammenlegung von Haupt-, Real- und Gesamtschulen zur Sekundarschule in Berlin und anderswo sei ein guter Kompromiss erreicht. In Hinblick auf seinen Wechsel nach Berlin sagte Zöllner, er habe unterschätzt, wie anstrengend es werde und wie schwer es in Berlin sei, geeignetes Spitzenpersonal zu gewinnen. "Das ist für die Politik der Stadt ein großes Problem", so Zöllner.
Zeitweise habe er sich "recht einsam" gefühlt. Zudem musste er sich "an die Ruppigkeit" in der politischen Kultur Berlins gewöhnen. Einmal habe er während seiner Amtszeit ans vorzeitige Aufgeben gedacht, als die Finanzierung der Charité in Gefahr stand. "Hätte es nicht einen guten Freund gegeben, ich wäre heute nicht mehr im Amt", sagte Zöllner. Als einen "Fehler" der Bildungspolitik nannte der Sozialdemokrat die Schulzeitverkürzung am Gymnasium. "Wir können nicht einerseits wollen, dass mehr junge Menschen Abitur machen und gleichzeitig die Schuljahre verringern. Das konnte nicht ohne extreme Probleme funktionieren", sagte Zöllner. Gleichzeitig kritisierte der Politiker die Klagementalität vieler Lehrer. Pädagogen würden "so oft von ihren Probleme sprechen und zu wenig von den schönen Seiten ihres Jobs." Es diene zudem "nicht der eigenen Gesundheit, wenn Lehrer sich gegenseitig immer bestätigen, wie schlecht es ihnen geht." Insgesamt zog Zöllner jedoch eine positive Bilanz der vergangenen zwanzig Jahre. Er verwies auf die gestiegene Bedeutung der Leistung, die frühkindliche Bildung und die Ganztagsschulen.
"Unsere Universitäten und Schulen sind sehr viel besser als ihr Ruf", sagte Zöllner. Jürgen Zöllner war von 1991 bis 2006 Kultusminister in Rheinland Pfalz, zuletzt auch Stellvertreter von Ministerpräsident Kurt Beck. 2006 holte Klaus Wowereit den SPD-Politiker nach Berlin als "Supersenator" für Kitas, Schulen und Hochschulen. Zöllner hat die deutsche Bildungspolitik entscheidend mitgeprägt. Unter anderen war er am Zustandekommen der Exzellenzinitiative beteiligt und an der Teilnahme Deutschlands am internationalen Pisa-Vergleich. Der 65-jährige Medizinprofessor möchte sich in Zukunft dem Wissenschaftsbereich widmen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur