Stasi-Akten-Beauftragter Jahn verlangt internationale Datenregeln
Archivmeldung vom 25.07.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, Roland Jahn, fordert ein internationales Abkommen zum Umgang mit Daten. Das Spannungsfeld von Demokratie und Geheimdiensten sei gefährlich, argumentiert Jahn im Magazin "Cicero".
Die technische Entwicklung erhöhe die Gefahren. "Umso wichtiger sind klare internationale Regeln, damit die Grundrechte der Bürger geachtet werden." Deutschland müsse seine demokratischen Standards weltweit einfordern, sagte der frühere DDR Oppositionelle. Von der Wirtschaft werde schließlich auch länderübergreifend verlangt, Menschenrechte und Umweltschutz zu gewährleisten. "Es reicht nicht, wie zum Beispiel beim Besuch von Obama, freundlich zu lächeln."
Der Rechtsstaat dürfe nicht mit Unrechtsmethoden geschützt werden, forderte der Behördenchef. "Die Diskussion darüber muss jetzt sehr offen, geradezu tabulos geführt werden."
Zeitung: Interesse an Stasi-Akten geht stark zurück
Das Interesse der Deutschen an der Einsicht in die Stasi-Akten geht stark zurück. Das ergibt sich nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" aus den neuesten Zahlen der Stasi-Unterlagen-Behörde, die dem Blatt vorliegen. Bis zum 30. Juni gingen nach Auskunft der Behörde knapp 34.762 Anträge auf persönliche Akteneinsicht ein.
Im Rekordjahr 2012 waren es insgesamt 88.231 Anträge. Rechnet man die Zahlen aus dem ersten Halbjahr auf das Gesamtjahr hoch, betrüge der Rückgang über 20 Prozent. Der Schwund ist aber auch gegenüber dem ersten Quartal enorm. Von Januar bis März gab es gut 19.421 Anträge auf Akteneinsicht, von April bis Juni nur noch 15.341.
Der Vorsitzende des Beirates der Stasi-Unterlagen-Behörde, Richard Schröder, sagte der "Berliner Zeitung", die Reform des Stasi-Unterlagen-Gesetzes 2012 habe eine Erleichterung des Akten-Zugangs für Verwandte erbracht. "Die Leute, die sich so lange geärgert haben, dass sie das nicht dürfen, haben dann gleich einen Antrag gestellt. Das ergibt einen Berg. Wahrscheinlich hat dieser Berg das Absacken, das man erwarten muss, verdeckt."
Dies sei ein normaler Vorgang. Relativieren müsse man Behauptungen von Behörden-Leiter Roland Jahn, wonach das Akten-Interesse stetig wachse. Es wachse lediglich, wenn es viele Stasi-Filme gebe und Kinder plötzlich die Akten ihrer Eltern einsehen könnten, so Schröder.
Der Beirats-Vorsitzende stellte zudem das Amt des Bundesbeauftragten grundsätzlich infrage. "Die Position des Bundesbeauftragten ist auch demokratietheoretisch außergewöhnlich", erklärte er. "Denn er steht in seiner Unabhängigkeit ja fast neben der Regierung. Das war bei der Gründung der Behörde berechtigt, damit nicht jeder aus der Exekutive reinfunken kann. Jetzt kann ich diese guten Gründe nicht mehr sehen." Eine von der nächsten Regierung eingesetzte Kommission müsse auch deshalb über die Zukunft der Behörde beraten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur