DIW hält Neubauziel der Bundesregierung für unrealistisch
Archivmeldung vom 07.03.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Bundesregierung wird ihr Neubauziel von 1,5 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verfehlen. "Die 1,5 Millionen Wohnungen werden nicht erreicht werden", sagte Claus Michelsen, DIW-Konjunkturchef und Wohnungsmarktexperte, der "Welt".
"Dafür reicht die Zahl der neu gestellten Bauanträge nicht aus. Diese stagnieren eigentlich bereits seit Mitte des Jahres 2016." Ökonomen halten den Neubau von mindestens 400.000 Wohnungen pro Jahr für nötig, um den Bedarf vor allem in den Ballungszentren zu decken und so die steigenden Wohnkosten zu bremsen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte bei einem Treffen mit einigen Bauministern der Länder vor zwei Wochen noch einmal bekräftigt, an dem im Koalitionsvertrag genannten Ziel festzuhalten. Michelsen bemängelt jedoch die Neubauaktivität vor allem in den größeren Städten. Das Statistische Bundesamt hatte am M ittwoch eine Datenauswertung veröffentlicht, in der die Neubauaktivität in den Gemeinden gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl dargestellt wird. Demzufolge entstanden im Jahr 2017 relativ viele neue Wohnungen in kleinen Gemeinden im ländlichen Raum, während in den Großstädten zu wenig Wohnungen entstehen. "Das zeigt einerseits, dass hier offenbar Grenzen bei der Baulandbereitstellung existieren", so Michelsen.
"Andererseits ist die Bezugsgröße, die Einwohner, in den vergangenen Jahren häufig schneller gestiegen als die Bautätigkeit, sodass sich das Verhältnis nicht verbessert hat." Bundesweit wurden laut Statistischem Bundesamt 2017 rund 285.000 Wohneinheiten fertig gestellt. Das waren im Durchschnitt 3,4 Wohnungen je 1.000 Einwohner. Für 2018 liegen noch keine vollständigen Zahlen vor, allerdings wurde fast das gesamte Neubauvolumen von 2017 bereits im November 2018 erreicht. Trotzdem wäre das noch weit von den nötigen 400.000 Einheiten entfernt. Michelsen sieht im mangelnden Bauland einen entscheidenden Hebel für mehr Neubau: "Neben den genannten rein statistischen Faktoren ist ein Mangel an Bauland häufig ein Problem." In manchen Gemeinden sei auch der Abbau an Verwaltungspersonal schuld am schleppenden Neubau. "Trotz Digitalisierung müssen Baugenehmigungen nach wie vor intensiv geprüft werden", so Michelsen. "Helfen würde hier etwa eine Musterbauordnung, die es Antragsstellern und Ämtern erleichtert, Genehmigungen zu erteilen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur