SPD-Vize Dreyer skeptisch gegenüber Großer Koalition
Archivmeldung vom 27.12.2017
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Freigeschaltet durch André OttAuch nach den ersten Gesprächen mit der Union über die Bildung einer möglichen neuen Regierung bekräftigt die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer ihre Skepsis gegenüber einer Großen Koalition und spricht sich für eine Minderheitsregierung aus. "Ich habe eine klare Präferenz für die Minderheitsregierung", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin der "Bild am Sonntag".
Nichtsdestotrotz trage sie den Beschluss des SPD-Parteitags mit, alle Möglichkeiten offen zu sondieren. Dreyer: "Es geht jetzt um die Frage: Welche Inhalte sind mit CDU/CSU machbar? Und reichen diese Inhalte wirklich, um zu einer verbindlichen Koalition mit CDU/CSU zu kommen? Wenn nicht, dann sieht sich die SPD trotzdem in der Verpflichtung, für eine stabile Regierung mitzusorgen. Dann wäre das mit einer Minderheitsregierung möglich."
Deutliche Kritik übte die SPD-Vize an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrer Ablehnung einer Minderheitsregierung: "Ich finde diese Haltung unangemessen und vielleicht auch etwas zu selbstbewusst. Angela Merkel ist es drei Monate lang nicht gelungen, eine Regierung zu bilden. Dass sie einen Parteitagsbeschluss der SPD abtut, zeugt nicht von zu großem Respekt unserer Partei gegenüber. Um das Vertrauen zu stärken, wäre es sehr sinnvoll, wenn sich die CDU/CSU an dieser Stelle zurücknehmen würde." Dreyer, die zum SPD-Sondierungsteam gehört, forderte die anderen Spitzengenossen auf, die Zweifel an der Parteibasis ernst zu nehmen: "Wir brauchen sehr gute Inhalte, wenn wir dem Bundesparteitag wirklich die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen sollten. Es ist wichtig, dass das Sondierungsteam die große Skepsis der Basis registriert."
Zentrale Aufgabe einer neuen Regierung sei es, "unsere Arbeitswelt und Gesellschaft für die Digitalisierung fit machen". Da gehe es nicht nur um schnelles Internet, sondern vor allem um Arbeitsplätze: "Den großen Profit bei der Digitalisierung machen bislang wenige Unternehmen, dagegen werden die Jobs von vielen unsicher." Eine neue Regierung müsse die Befristung von Arbeitsverträgen begrenzen und kreative Lösungen finden, den vielen frei arbeitenden Menschen eine Absicherung durch unsere Sozialversicherungen zu geben. Dreyer: "Die SPD war immer die Partei der Arbeit, sie muss auch die Partei der digitalen Arbeit werden."
In einer möglichen neuen Bundesregierung brauche es einen neuen Stil. "Wir müssen die Probleme zielorientierter anpacken. Es darf nicht wieder vorkommen, dass die Union unter Kanzlerin Angela Merkel die großen Probleme aussitzt", so Dreyer. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin schlägt vor, Spitzenjobs in der Politik zeitlich zu begrenzen: "Man sollte die Amtszeit von Regierungschefs begrenzen. Dann gäbe es eine natürliche Nachfolgediskussion. Das hat was sehr Gesundes für die Demokratie." Sie selbst habe sich geschworen, "dass ich mich nicht von der Politik abhängig mache". Sie sei mit vollem Herzen Ministerpräsidentin, habe aber wegen ihrer Ausbildung als Juristin ihre Existenz nicht an das Amt geknüpft.
Quelle: dts Nachrichtenagentur