Steinbrück greift Bundesregierung wegen Steueroasen an
Archivmeldung vom 06.04.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittPeer Steinbrück hat die Bundesregierung wegen der Affäre um Steueroasen scharf kritisiert. "Erst tut sie nichts, und jetzt kommt sie viel zu spät mit einer Überlegung", sagte Steinbrück im "Spiegel"-Gespräch. "Umso scheinheiliger sind die jetzigen Reaktionen, man wolle jetzt eine Art Steuer-FBI gründen." Dies hätte die Bundesregierung laut dem ehemaligen Bundesfinanzminister "längst tun müssen, statt die Steuerfahndung ins Abseits zu stellen".
Zugleich versprach Steinbrück für den Fall eines Wahlsieges eine diplomatischere Sprache. "Ich werde als Kanzler kanzlergemäß sprechen", sagte er, "ich kann schon unterscheiden zwischen Klartext und den Verpflichtungen im Amt." An manchen Äußerungen wolle er trotz aller Kritik aber festhalten. "Von den Clowns nehme ich in Bezug auf Herrn Berlusconi nichts zurück", sagte er. An einen Rückzug als Kanzlerkandidat habe er auch in diesen Zeiten aber nicht gedacht. "Es ist mir bewusst, dass ich auch Verantwortung für meine Partei, für unsere Unterstützer und eine Sache übernommen habe", sagte Steinbrück. "Auch wenn es manchmal dick kommt, darf man sich nicht fragen, wie es gerade mit den eigenen Magensäften läuft. Das geht nicht."
Experten sehen schwere Zeiten auf Steueroasen zukommen
Politischer Druck und vor allem der technische Fortschritt bringen Steuerparadiese nach Auffassung von Fachleuten zusehends in Bedrängnis. "Die Digitalisierung war der Grabstein für Diskretion und Anonymität", sagte Steueranwalt Christopher Steckel von der Kanzlei Leisner Steckel Engler in Zürich der "Welt am Sonntag". Früher seien die Rahmenbedingungen ganz andere gewesen, so Steckel: "Die Leute sind zu ihrem Bankberater ins Ausland gefahren, da wurde nicht telefoniert, nicht gefaxt, nicht gemailt, die Banken waren zudem sehr viel weniger untereinander vernetzt."
Die Digitalisierung des Bankgeschäfts verändert das Spiel, betonte auch der Schweizer Experte Manuel Ammann. "Das klassische Bankkundengeheimnis, wie es in der Schweiz über Jahrzehnte gepflegt wurde, ist immer schwieriger zu gewährleisten", so der Professor vom Swiss Institute of Banking and Finance. "Wer sein Geld verstecken will, geht nicht mehr in die Schweiz, aber vielleicht in andere Länder", ergänzte Ammann. Deshalb werde die politische Diskussion um mehr Kooperation und Transparenz in Steuerfragen nach und nach auch andere Offshore-Standorte erfassen. "Man hat mit der Schweiz als nächstgelegenem Ziel begonnen, nun wird sich dieser Trend fortsetzen", ist sich Amman sicher. "Erst die Steuer-CDs mit Daten von Kunden in der Schweiz und Liechtenstein, jetzt die Datenlecks bei Treuhanddienstleistern in Übersee, die Schlinge zieht sich immer weiter zu", bestätigte Ulrike Grube, Steuerstrafrechtlerin bei der Kanzlei Rödl & Partner. So sieht es auch Jörg Schauf, Steuerstrafrechtler bei der renommierten Kanzlei Flick Gockel Schaumburg: "Es gibt nicht mehr so viele Steueroasen." Das Entdeckungsrisiko sei in den vergangenen Jahren durch einen stärkeren Informationsaustausch und ein härteres Steuerstrafrecht deutlich gestiegen: "Der Weg zur Selbstanzeige von Steuerflüchtlingen ist vorgezeichnet."
Quelle: dts Nachrichtenagentur