Mehrere Ex-Politiker im Dienst der Deutschen Bahn
Archivmeldung vom 25.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBahnchef Hartmut Mehdorn hat nach Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal 21" mindestens ein Dutzend Ex-Politiker, darunter ein ehemaliger Bundesminister sowie zahlreiche Landesverkehrsminister, in den Dienst der Bahn gestellt.
Thilo
Sarrazin (SPD), Finanzsenator von Berlin, hält dieses
Lobbyisten-Netzwerk für fragwürdig: "Wenn ein privates Unternehmen
Lobbyarbeit macht, ist das legitim. Wenn ein staatseigener Konzern
mit staatlichen Geldern Leute bezahlt, die bei den gewählten
Volksvertretern, bei den Ministern Lobbyarbeit machen, dann ist das
schon anrüchig."
Für die Bahn arbeiten unter anderem Reinhard Klimmt (SPD), in der
Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder ein Jahr
Bundesverkehrsminister, Otto Wiesheu (CSU), ehemaliger bayerischer
Wirtschafts- und Verkehrsminister, jetzt im Vorstand der Bahn, sein
ehemaliger Ministerkollege Georg von Waldenfels (CSU), früher
zuständig für die bayerischen Finanzen, Hartmut Meyer (SPD),
Ex-Verkehrsminister von Brandenburg, Franz-Josef Kniola (SPD),
Ex-Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, außerdem mehrere
ehemalige Beamte aus Verkehrsministerien und Kommunalpolitiker.
Nach Ansicht von Uwe Dolata vom Bund Deutscher Kriminalbeamter ist
das zwar legal, aber höchst fragwürdig. Dolata warnt: "Das
Gefährliche ist, wenn Ex-Politiker, Ex-Minister von ihren Positionen
in die Bahn überwechseln, hier ein deutliches Delikt der
Ämterpatronage vollzogen wird. Und Ämterpatronage ist praktisch der
Halbbruder der Korruption, nämlich zum Filz gehörig."
Kritisch sieht das auch Professor Christian Böttger von der
Fachhochschule für Wirtschaft und Technik in Berlin. Er verweist
darauf, dass zum Beispiel Otto Wiesheu als bayerischer
Verkehrsminister bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen im
Jahr 2005 für die Union den Teil Verkehr verhandelte und nur wenige
Tage danach aus dem Dienst des Landes in den Vorstand der Deutschen
Bahn wechselte. Wiesheu habe zwar beteuert, dass das seine
Verhandlungsposition nicht beeinflusst habe und der Vertrag mit der
Bahn erst danach zustande kam. Böttger: "Aber es ist schon
überraschend, dass binnen weniger Tage ein solcher Vorstandsvertrag
angebahnt und verabschiedet werden sollte. Von daher bleiben Zweifel,
dass er so unabhängig gehandelt hat, wie er es immer behauptet".
Bahnchef Mehdorn soll außerdem persönlich dafür gesorgt haben, dass Kurt Bodewig (SPD), unter Bundeskanzler Gerhard Schröder ab dem Jahr 2000 Bundesverkehrsminister, knapp zwei Jahre später aus dem Ressort ausschied. Dies behauptet Thilo Sarrazin, der zu jener Zeit selbst Mitglied des Bahnvorstands war und den Vorgang unmittelbar miterlebt haben will. Bodewig hatte sich gegen die Bahnprivatisierung gestellt. "Daraufhin ist Mehdorn drei Tage später zum Bundeskanzler marschiert und hat gesagt: Er oder ich. Dann hat Schröder gesagt: Jawohl Hartmut, es läuft so, wie Du es willst", so Sarrazin gegenüber "Frontal 21". Dann sei Bodewig als Verkehrsminister "abgemeldet" gewesen und habe "das Amt noch anderthalb Jahre mühsam vor sich hin verwaltet".
Quelle: Pressemitteilung ZDF "Frontal 21"