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Transsexuelle dürfen nach Geschlechtsumwandlung verheiratet bleiben

Archivmeldung vom 23.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Transsexuellen gestärkt. Verheiratete Transsexuelle dürfen nun nicht mehr zur Scheidung gezwungen werden. Grüne, FDP sowie der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland begrüßten das Urteil.

Transsexuelle dürfen nach einer Geschlechtsumwandlung verheiratet bleiben. Das Bundesverfassungsgericht erklärte eine anderslautende Bestimmung im Transsexuellengesetz in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss für verfassungswidrig. Die bisherige Regelung, wonach die rechtliche Anerkennung der neuen Geschlechtszugehörigkeit die Ehelosigkeit des Transsexuellen voraussetzt, muss nach der Karlsruher Entscheidung bis zum 1. August 2009 ersetzt werden. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) begrüßte den Richterspruch als "sehr gute Entscheidung" für die Grundrechte von Transsexuellen.

Das Bundesverfassungsgericht gab mit seinem Beschluss einem Transsexuellen Recht, der seit 56 Jahren verheiratet ist und mit seiner Frau drei Kinder hat. Der Familienvater fühlte sich demnach bereits seit langem als Frau und unterzog sich 2002 einer Geschlechtsumwandlung. Anschließend beantragte er die juristische Anerkennung des neuen Geschlechts. Dazu hätte er sich jedoch nach den bisherigen Rechtslage scheiden lassen müssen. Dies lehnten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau jedoch ab, da ihre Beziehung intakt sei.

Abwägung von Grundrechten


Bei ihrer Entscheidung wogen die Verfassungsrichter den im Grundgesetz verankerten besonderen Schutz der Ehe und das ebenfalls grundrechtlich geschützte Recht auf Anerkennung der selbstbestimmten geschlechtlichen Identität gegeneinander ab. Die Realisierung des einen Grundrechts dürfe nicht von der Aufgabe des anderen abhängig gemacht werden, befanden die Richter. Vor diesem Hintergrund führe die bisherige Regelung im Transsexuellengesetz die Betroffenen in eine kaum zu lösende innere Konfliktlage und stelle zugleich eine unzumutbare Beeinträchtigung ihrer Grundrechte dar.

Nach dem Beschluss der Karlsruher Richter darf der entsprechende Paragraf des Transsexuellengesetzes bis zum Inkrafttreten der Neuregelung nicht mehr angewendet werden. Einzelheiten der gesetzlichen Änderungen überließ das Gericht dem Gesetzgeber. Dieser könne durchaus an der Forderung nach Ehelosigkeit festhalten. In diesem Fall müsse aber gewährleistet sein, dass die bisherige Ehe des Transsexuellen als rechtlich abgesicherte Lebensgemeinschaft fortbestehen kann. So könne die Ehe in eine eingetragene Lebenspartnerschaft überführt werden. Dabei müssten dem Paar jedoch alle Rechte und Pflichten aus der Ehe erhalten bleiben.

Grüne: Durchbruch für Menschenrechte Transsexueller


LSVD-Sprecher Manfred Bruns erklärte in Berlin, der Gesetzgeber sei nun gefordert, diese "diskriminierende und verfassungswidrige Regelung schnellstmöglich zu verändern". Die Karlsruher Entscheidung mache einmal mehr deutlich, "wie unsinnig und lebensfremd die rechtliche Hierarchisierung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft ist".

Auch Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irmingard Schewe-Gerigk begrüßte das Urteil als "wichtigen Durchbruch für die Menschenrechte Transsexueller". Karlsruhe habe nun zum wiederholten Male restriktive Regelungen des Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) warf die Grünen-Politikerin vor, bisher eine umfassende Reform des Transsexuellenrechts zu blockieren.

Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz forderte ebenfalls, die Regierung müsse endlich die Reform des Transsexuellengesetzes in Angriff nehmen. Statt dessen habe die Koalition aber bereits angekündigt, dass damit in dieser Wahlperiode nicht mehr zu rechnen sei. Dies sei "ein Skandal und eine Demütigung für die Betroffenen".

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