Gutachten: Habecks Bewerbung als Grünen-Chef unproblematisch
Archivmeldung vom 19.12.2017
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Freigeschaltet durch André OttEine Kandidatur des schleswig-holsteinischen Umweltministers Robert Habeck für den Bundesvorsitz der Grünen verletzt laut einem Gutachten nicht das in der Parteisatzung festgeschriebene Prinzip der Trennung von Amt und Mandat. Das Gutachten hat Johann Müller-Gazurek, ehemaliger Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, erstellt, die "Welt" berichtet in ihrer Dienstagausgabe darüber.
Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Müller-Gazurek ist zudem nicht der Meinung, dass Habeck eine "starre Frist" für die Aufgabe seines politischen Mandates vorgegeben werden dürfe. Damit widerspricht der Jurist Mitgliedern der Basisgruppe Grüne Linke, die unter dem Titel "Nein zur `Lex Habeck`" davor warnen, "dass eine lange bewährte und aus gutem Grund so formulierte Satzung jetzt in einem wesentlichen Punkt (Trennung von Amt und Mandat) kurzerhand mal eben so `en passant` geschliffen wird". Hintergrund des Streits ist, dass Habeck dem Flügel der Reformer oder Realos zugerechnet wird.
Die Parteilinke argumentiert, der stellvertretende Ministerpräsident müsse im Fall einer Wahl in den Bundesvorstand binnen weniger Wochen den Abschied aus seinem Kieler Landesministerium nehmen - oder auf die Kandidatur verzichten. Habeck, der im Januar beim Bundesparteitag für den Vorsitz kandidieren will, bedingt sich hingegen eine Übergangszeit von etwa einem Jahr aus. In seinem im Auftrag des Bundesvorstands erstellten Gutachten stellt Müller-Gazurek zwar nicht die Trennung von Amt und Mandat insgesamt infrage, die im Paragrafen 15 der Satzung festgeschrieben ist. Aber er argumentiert unter Verweis auf Paragraf 6 der Satzung, jedes Mitglied habe das Recht, "sich um eine Kandidatur zu bewerben".
Darum sei eine Kandidatur auch von Ministern, Abgeordneten oder Angehörigen EU-Kommission möglich, argumentiert Müller-Gazurek. Erst danach müssten sie sich entscheiden und ihr politisches Amt aufgeben. Dass ihnen bislang eine längere Übergangszeit, "etwa über Wochen oder Monate", von der Satzung verwehrt werde , "könnte durchaus" als "Eingriff in die freie Kandidatur nach der Satzung gesehen werden, was dann auch nach dem Demokratiegebot bedenklich sein könnte".
Darum sieht Müller-Gazurek eine Lösung in einer nach seiner Einschätzung "weisen Regelung", nach der ein Mitglied des Bundesrates im Fall seiner Wahl in den Bundestag dem Bundesratspräsidenten "in angemessener Frist mitteilen muss, welches der beiden Ämter es niederlegt". Um eine entsprechende Forderung solle auch der Satzungsparagraf 15 ergänzt werden. Im Gutachten heißt es: "Angemessen" setze keine "starre Frist", sondern sei ein "unbestimmter Rechtsbegriff, der je nach Lage mit Inhalt gefüllt und im Streitfall vom Bundesschiedsgericht definiert werden kann".
Quelle: dts Nachrichtenagentur