Steinmeier: Viele erleben Corona als Angriff auf Selbstwertgefühl
Archivmeldung vom 02.12.2020
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Freigeschaltet durch André OttBundespräsident Frank-Walter Steinmeier sorgt sich um unbewältigte mentale und seelische Folgen der Corona-Pandemie. Viele Menschen seien "einen bitteren, einsamen Tod gestorben", sagte Steinmeier der Wochenzeitung "Die Zeit".
Vor lauter medizinischen und hygienischen Fragen, finanziellen und wirtschaftlichen Herausforderungen gebe es in der Pandemie "etwas, das bislang nicht sehr viel besprochen worden ist, das aber einen tiefen Eindruck auf uns alle hinterlässt: Wir alle sind jetzt seit langer Zeit wieder ernsthaft mit der Verletzlichkeit unseres Lebens konfrontiert. Wir hatten uns angewöhnt, die Autonomie unseres Daseins zu betonen, unsere Körper zu optimieren, zu kontrollieren. Nun erleben wir, dass der Kern des Daseins das Angewiesensein auf andere ist."
Viele erlebten das als Angriff auf ihr Selbstwertgefühl, als Verunsicherung und bei manchen rufe das Ablehnung hervor, so Steinmeier. Damit die Gesellschaft all das besser verarbeiten könne, wünsche er sich "ein öffentliches Trauergedenken für die vielen Toten der Corona-Pandemie und ihre Angehörigen, die häufig noch nicht einmal Beistand leisten konnten". Vom Präsidialamt initiierte Gespräche zwischen Anhängern härterer Maßnahmen und solchen, die die geltenden rigoros ablehnen, seien "herausfordernder" als zu jedem anderen Thema gewesen. "Die Ablehnung der Corona-Maßnahmen hat bei manchen den Charakter eines säkularen Glaubensbekenntnisses angenommen, einer in sich geschlossenen Welt, in die man von außen nur noch schwer reinkommt." Sein Verständnis für die Demonstranten höre auf, "wenn Antisemitismus und Extremismus sich in das Gewand des Corona-Protests hüllen". Er zwinge sich dann zu sagen: "Das ist unerträglich, aber es ist nur eine kleine Minderheit."
Quelle: dts Nachrichtenagentur