Verbraucherschützer kritisiert Konjunkturprogramm
Archivmeldung vom 12.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttMassive Nachbesserungen beim Konjunkturprogramm der großen Koalition fordert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes VZBV und oberster Verbraucherschützer in Deutschland.
Es sei gut, dass die Politik die Unternehmen stütze, sie müsse aber auch den Verbrauchern Zuversicht und Vertrauen geben, schreibt der Grünen-Politiker in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung".
Das geschehe bisher zu wenig. Das Herzstück des "Wumms"-Pakets der Koalition sei die Mehrwertsteuersenkung. Die Verbraucher rechneten aber nicht damit, dass die Maßnahme von den Unternehmen wirklich an sie weitergereicht würde. Besser seien direkte Hilfen auch an Konsumenten, wie es sie für Unternehmen gebe.
Müller kritisiert aber auch den Bonus von 300 Euro pro Kind: "Für finanziell schlechter gestellte Familien ist er ein Geschenk. Gutverdienern wird er bei der Steuererklärung wieder abgezogen, weil der Kinderfreibetrag nicht erhöht wird." Das sei sozial ausgewogen und fair. "Die Konstruktion hat aber eine Schwäche: Viele Familien im finanziellen Mittelfeld wissen nicht, wie viel sie behalten dürfen. Bleiben am Ende 260 Euro hängen? 150 Euro? 30?" Auch hier gelte: "Planungssicherheit sieht anders aus."
Als dritten Verbraucherposten im Konjunkturprogramm nennt Müller die Senkung der EEG-Umlage. Eine solche hatte auch der Verbraucherzentrale Bundesverband gefordert.
Allerdings sollten die Strompreise spürbar sinken. Durch die Neuregelung spare ein Durchschnittshaushalt Schätzungen zufolge etwa zehn Euro - im ganzen Jahr 2021. "Ein paar Cent pro Monat werden weder einen Konjunkturimpuls auslösen noch Zuversicht und Sicherheit steigern, im Gegenteil: Die Coronakrise bringt vielen Verbrauchern mehr Unsicherheit und weniger Geld." Die Regierung müsse nachbessern, so der Verbraucherschützer. "Verbraucherhilfen dürfen nicht von Unternehmen abhängig sein. Eine Senkung der Stromkosten um zusätzliche neun Milliarden, ein doppelt so hoher und besser erklärter Kinderbonus von 600 Euro wären eine mögliche Alternative zur Mehrwertsteuersenkung." Und auch eine deutliche Absenkung der Lohnnebenkosten, die Arbeitnehmer und Unternehmen gleichermaßen entlaste, könnte in Betracht kommen. "Wichtig ist, dass beide Seiten in den Fokus genommen werden: Unternehmen und Verbraucher - und letztere wirklich entlastet werden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur