De Maiziere hält gesamtdeutsche Verfassung für unsinnig
Archivmeldung vom 14.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere hat den Vorstoß von SPD-Chef Franz Müntefering für eine neue gesamtdeutsche Verfassung als unsinnig und unzeitgemäß bezeichnet.
"Ich weiß nicht, was Herrn Müntefering geritten hat, diese Diskussion loszutreten. Ich halte sie für völlig unzeitgemäß. Für wahltaktisches und populistisches Getöse ist alles mögliche geeignet, nur nicht Verfassungsfragen", sagte de Maiziere der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe). Wenn es Minderwertigkeitsgefühl der Menschen in den neuen Ländern gäbe, läge das nicht an der Verfassung. "Den meisten Ostdeutschen konnte es 1990 gar nicht schnell genug gehen, der Bundesrepublik beizutreten. Für die Verfassung haben sich die meisten gar nicht interessiert", betonte de Maiziere.
Die Sprecherin der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten, Iris Gleicke, empörte sich dagegen über die Angriffe gegen Müntefering und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) aufgrund ihrer Äußerungen zur Bewertung der DDR. Die Art und Weise, wie Müntefering und Thierse in den vergangenen Tagen attackiert wurden, sei unsäglich und lasse für den Wahlkampf das Schlimmste befürchten. "Man gewinnt allmählich den Eindruck, dass jeder öffentlich niedergemacht werden soll, der sich auch nur etwas differenziert mit den Ostdeutschen und deren Vergangenheit auseinandersetzt. Für mich markieren solche absurden Unterstellungen einen neuen Tiefpunkt unserer politischen Kultur", sagte Gleicke der "Leipziger Volkszeitung". Müntefering und Thierse hätten den meisten Ostdeutschen aus der Seele gesprochen, die ihre Lebensleistung bis heute nicht anerkannt sähen und deshalb seit vielen Jahren in ihrem Stolz zutiefst verletzt seien.
Der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber rief dazu auf, eine gesamtdeutsche Verfassung per Volksabstimmung zu verabschieden. "Was könnte identitätsstiftender sein, als wenn sich das deutsche Volk 20 Jahre nach der Einheit eine neue Verfassung gibt", so Weißgerber.
Quelle: Leipziger Volkszeitung