Von der Leyen will mit Haushaltstrick mehr Geld für Bundeswehr
Archivmeldung vom 30.09.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAngesichts der Pannenserie bei der Bundeswehr will Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) über einen Umweg mehr Geld für Rüstung ausgeben. Nach einem Bericht von "Bild" plant die Ministerin, Finanzmittel für größere Rüstungsprojekte im Etat mit Ersatzverwendungen abzusichern. Danach werden die Finanzmittel im Haushalt doppelt verbucht.
So könnte die Ministerin auch dann über die Finanzmittel verfügen, wenn die ursprünglich geplanten Projekte nicht zustande kommen. Bislang fließt das Geld in diesem Fällen an den allgemeinen Bundeshaushalt zurück. Allein im vergangenen Jahren waren der Bundeswehr auf diese Weise 1,2 Milliarden Euro verloren gegangen.
Wie "Bild" unter Berufung auf Regierungskreise weiter schreibt, soll diese Haushaltsstrategie frühestens ab 2016 greifen.
Bundeswehrmängel: Merkel stellt sich hinter von der Leyen
Angesichts der anhaltenden Berichte über Mängel bei der Bundeswehr hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel hinter Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen gestellt. "Die Ministerin hat meine volle Unterstützung, wenn es jetzt darum geht, Mängel zu überwinden und auch die zukünftigen Beschaffungen noch einmal unter die Lupe zu nehmen", sagte Merkel am Montag in Berlin.
Von der Leyen leiste derzeit eine "sehr verdienstvolle und wichtige Arbeit". Das werde zu mehr Transparenz führen. Sie sei überzeugt, dass die Soldaten der Bundeswehr "in all den Einsätzen einen herausragenden und auch international sehr anerkannten Einsatz gezeigt haben und das auch weiter tun werden", so Merkel weiter.
Zuletzt war eine für die Ebola-Luftbrücke vorgesehene Bundeswehr-Transall wegen eines technischen Defekts auf Gran Canaria liegen geblieben.
Europapolitiker fordern Europäisierung der deutschen Rüstungspolitik
Europapolitiker aus CDU und SPD haben als Konsequenz aus den Ausrüstungsproblemen bei der Bundeswehr eine radikale Europäisierung der deutschen Rüstungspolitik gefordert: "Keiner kriegt es mehr alleine hin. Die Vorstellung, eine nationale Rüstungspolitik betreiben zu können, ist gescheitert", sagte Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, der "Süddeutschen Zeitung". Dieses Scheitern müsse man sich eingestehen, wenn das größte Land der EU nicht in der Lage sei, Nato-Verpflichtungen nachzukommen.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte am Wochenende eine teilweise eingeschränkte Einsatzfähigkeit der Bundeswehr eingeräumt. "Die aktuelle Debatte zum desaströsen Zustand unserer Flugzeuge und Hubschrauber unserer Armee zeigt auf, dass Deutschland gleich auf eine europäische Lösung setzen sollte", sagte der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz der SZ. Es gehe darum, "nicht mehr Geld zu fordern, sondern das vorhandene Geld besser und intelligenter auszugeben". Mehr Geld führe "nur zu Misswirtschaft auf einem höheren Niveau". Anstelle einer Erhöhung des Militäretats müsse Deutschland endlich das Ziel erreichen, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen. Die Anforderungen würden infolge der jüngsten Beschlüsse auf dem Nato-Gipfeltreffen in Wales sogar noch steigen, sagte Brok.
Das Bündnis hatte sich in Newport auf eine höhere Einsatzbereitschaft als Antwort auf das militärische Vorgehen Russlands gegen die Ukraine verständigt. "Es kann nicht mehr sein, dass jede Armee alles kann und jede Armee alles anschafft", sagte Brok. Kleine Stückzahlen seien zu teuer. Überdies sei eine Erhöhung der nationalen Verteidigungshaushalte nicht absehbar. Brok warnte vor einer "völligen Überschätzung Deutschlands", wie sie sich bei der Diskussion um das Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gezeigt habe. "Wir müssen endlich begreifen, dass auch ein großes Land wie Deutschland nur ein Machtfaktor ist, wenn wir unsere Möglichkeiten mit anderen zusammenführen", sagte er. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich CDU/CSU und SPD für mehr europäische Kooperation ausgesprochen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur