Söder und Seehofer - Verdacht auf Haushaltsuntreue?
Archivmeldung vom 31.07.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Ministerpräsident von Bayern, Markus Söder (CSU), sowie sein Vorgänger, der heutige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), müssen sich möglicherweise demnächst gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Bayerischen Obersten Rechnungshof erklären. Das ist das Ergebnis einer Recherche des ARD-Mittagsmagazins und der Auswertung interner Unterlagen durch drei Rechtsexperten.
Demnach wurde für das Grundstück, auf dem eine neue Universität in Nürnberg gebaut werden soll, ein deutlich zu hoher Kaufpreis gegenüber dem eigentlichen Verkehrswert gezahlt: 90,8 Millionen Euro statt 46,3 Millionen Euro. Damit sei nicht nur gegen die Haushaltsordnung, sondern auch gegen die Bayerische Verfassung verstoßen worden, erklärten der Verfassungsrechtler Professor Ulrich Battis und der Wirtschafts- und Verwaltungsexperte Professor Jürgen Keßler aus Berlin gegenüber dem ARD-Mittagsmagazin. Der Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Professor Martin Heger, spricht sogar vom Straftatbestand der Haushaltsuntreue. "Hier besteht jedenfalls ein Anfangsverdacht. Die Staatsanwaltschaft sollte dem nachgehen", so der Strafrechtler.
Der damalige Ministerpräsident Seehofer und sein damaliger Finanzminister Söder erklärten den Bau der neuen Universität in Nürnberg 2017 zur Chefsache. Sie holten sich noch vor den Landtagswahlen im Oktober 2018 einen Kabinettsbeschluss sowie die Zustimmung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags. Die CSU hatte damals im Landtag noch die absolute Mehrheit. Die Kaufverhandlungen und der Kauf liefen 2018 unter der Regie von Finanzminister Söder. Aus einer Vorlage für eine "nicht öffentliche Sitzung" des Haushaltsausschusses vom Sommer 2018 geht hervor, dass dieser Verstoß gegen die bayerische Verfassung offenbar in Kauf genommen wurde. Man würde die Differenz in Höhe von 44,5 Millionen Euro aus anderen Haushaltsmitteln finanzieren, heißt es weiter. Das habe man in solchen "Ausnahmefällen" schon "so vertreten". Diese Vorlage liegt dem ARD-Mittagsmagazin exklusiv vor.
Für Verfassungsrechtler Battis ist das aber kein Persilschein. "Wenn mehr Steuergeld ausgegeben wird, als das Grundstück wert ist, hätte der Landtag zuvor eine Gesetzesänderung verabschieden müssen. Nur dann darf das Grundvermögen des Staates geschmälert werden. Doch das ist so nicht geschehen", so Battis. So steht es auch in der Verfassung. Eine Absegnung durch den Landtagsausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen reiche da nicht aus, ergänzt Professor Keßler. Nach ARD-Recherchen hat sich der Bayerische Oberste Rechnungshof von der Staatsregierung die Akten zum Grundstückskauf schicken lassen und prüft selbst. Horst Seehofer wollte sich nicht dazu äußern und verweist auf die bayerische Staatsregierung. Markus Söder ließ eine Anfrage dazu bislang unbeantwortet.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)