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Rechtsextremismus-Verdacht gegen Berliner Anti-Terror-Ermittler

Archivmeldung vom 12.07.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.07.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Steuerfahndung im Einsatz: Bei (nachträglicher) Steuerhinterziehung werden mehr Waffen benötigt als zur Terrorabwehr (Symbolbild)
Steuerfahndung im Einsatz: Bei (nachträglicher) Steuerhinterziehung werden mehr Waffen benötigt als zur Terrorabwehr (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Ein Anti-Terror-Ermittler der Berliner Polizei steht im Verdacht, mit seinem Dienstvorgesetzten im Szene-Jargon von Rechtspopulisten und Neonazis kommuniziert zu haben. Laut eines polizeiinternen Vermerks, über den das ARD-Magazin "Kontraste", der Norddeutschen Rundfunk (NDR) und die "Berliner Morgenpost" berichten, forderte der Beamte aus dem Staatsschutz im Berliner Landeskriminalamt (LKA) in einer SMS an seinen Vorgesetzten, sich von "Merkel & Co und ihren scheiß Gut-Menschen" fernzuhalten.

In einer weiteren SMS nutzte er als Abschiedsgruß die Ziffernkombination "88". Sie steht für den achten Buchstaben im Alphabet und wird im Jargon von Neonazis als Code für die verbotene Nazi-Grußformel "Heil Hitler" genutzt. Laut polizeiinternem Vermerk datieren die SMS vom 31. Dezember 2016 und vom 20. Januar 2017. Die Nachrichten seien jeweils vom Handy des Polizeioberkommissars verschickt worden. Die Formulierungen entsprächen "dem gebräuchlichen Tenor rechtsextremistischer Gesinnung", so die Einschätzung in dem Polizei-Vermerk. Der Empfänger der SMS, ein Kriminalhauptkommissar, habe die rechtsextremen Parolen "nicht kritisch hinterfragt".

Als vorgesetzte Dienstkraft wäre er gemäß einer polizeilichen Dienstvorschrift dazu aber verpflichtet gewesen, heißt es. Die Berliner Polizei bestätigte die Recherchen. Gegen die Beamten seien bereits im Juni 2017 Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Der Polizeioberkommissar, der die "88" als Abschiedsgruß genutzt hatte, habe einen "Verweis" erhalten. Das Verfahren gegen den Kriminalhauptkommissar sei noch nicht abgeschlossen. Es gebe "umfangreiche Ermittlungen", teilte ein Sprecher der Polizei mit. Diese stünden aber nicht mit dem Sachverhalt in Verbindung. Einer der Beamten sei inzwischen in einer anderen Abteilung des LKA tätig, der andere sei noch im Staatsschutz beschäftigt. Die Dienststelle des Landeskriminalamtes, in der die beiden Beamten zum Zeitpunkt des SMS-Austauschs tätig waren, war für die Überwachung des späteren Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri zuständig. Der Kriminalhauptkommissar war dort stellvertretender Kommissariatsleiter und wurde zuvor im Herbst 2016 zum Leiter eines weiteren Anti-Terror-Kommissariats befördert.

Die in Rede stehende SMS-Unterhaltung wurde im Zuge von Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft entdeckt. Die Staatsanwälte hatten gegen den Kriminalhauptkommissar und einen weiteren mit dem Fall Amri betrauten Beamten im Mai 2017 ein Verfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt und der Fälschung beweiserheblicher Daten eingeleitet. Den Staatsschützern war vorgeworfen worden, einen Vermerk über Amris Drogengeschäfte im Nachhinein manipuliert zu haben, um ihre vorherige Untätigkeit bei den Ermittlungen zu kaschieren. Das Verfahren wurde im April dieses Jahres eingestellt, weil kein Vorsatz belegt werden konnte. Die Staatsanwaltschaft machte aber deutlich, dass der Verdacht der Aktenmanipulation nicht ausgeräumt werden konnte. Bei ihren Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft das Handy des Kriminalhauptkommissars beschlagnahmt. Bei der Auswertung entdeckten die Ermittler dabei die im Jargon von Rechtsextremisten gehaltenen SMS. Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) kritisiert das Vorgehen der Berliner Polizeiführung.

Sowohl der Absender der SMS wie sein Vorgesetzter hätten nach diesen Vorgängen "im Polizeidienst nichts mehr verloren". Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic, kündigte an, den Fall im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Aufklärung der Umstände des Breitscheidplatz-Anschlags aufarbeiten zu wollen. Es sei "hochproblematisch", wenn "Beamte mit einer offenbar rechtsextremen Einstellung" in einer Dienststelle tätig seien, die für die Verfolgung von politisch motivierten Straftaten zuständig ist, sagte Mihalic. Der innenpolitische Sprecher der Berliner FDP, Marcel Luthe, kritisierte den erteilten "Verweis" als zu milde. Ein Beamter, der sich so verhalte, sei "weder für den Staatsschutz geeignet noch für die Berliner Polizei, weil er ganz offensichtlich weder die Treue zum Rechtsstaat noch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung" habe, sagte der FDP-Politiker.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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